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Nachrichtenarchiv Thailand

Thailänder sind froh über den Putsch - Militär verbietet politische Aktivitäten

September 21, 2006 - Quelle: NZZ
Eine grosse Mehrheit der Bevölkerung in Thailand begrüsst den unblutigen Militärputsch. Wie eine Umfrage der Suan-Dusit-Rajabhat-Universität zeigt, stehen 82 Prozent der Befragten dem Umsturz positiv gegenüber. Für die Erhebung wurden landesweit 2019 Personen befragt.

Die Armee hat am Donnerstag einen grossen Teil ihrer Panzer aus der Hauptstadt abgezogen. Auch seien deutlich weniger Soldaten auf den Strassen zu sehen, berichteten Augenzeugen. Für Einheimische und Touristen seien sie begehrte Fotoobjekte.

Das öffentliche Leben habe sich am Donnerstag weitgehend normalisiert, hiess es. Der Verkehr floss oder stand wie gewohnt in den Strassen der Hauptstadt.

Thaksin "arbeitslos". Der während seines USA-Aufenthalts gestürzte Ministerpräsident Thaksin Shinawatra flog in der Nacht nach London. Scheinbar akzeptierte er seine Entmachtung. "Ich war Ministerpräsident auf dem Hinflug und ich war arbeitslos auf dem Rückflug", sagte Thaksin laut einer Meldung der Thai News Agency.

Experten warnten jedoch davor, Thaksin zu unterschätzen und bereits abzuschreiben. «Das ist kein Mann, der gerne verliert», sagte Thitinan Pongsudhirak von der Universität Chulalongkorn in Bangkok. Thaksin und seine Partei Thai Rak Thai würden weiterhin Unterstützung in Teilen der Bevölkerung geniessen.

Armee verbietet jegliche politische Aktivität Das thailändische Militär hat zwei Tage nach seinem Putsch alle Parteitreffen und "jegliche politische Aktivität" im Land verboten. Auch die Neubildung politischer Parteien wurde untersagt. Es wurde nicht mitgeteilt, wie lange das Verbot dauern soll.

"Um sicherzustellen, dass die konstitutionelle Monarchie nach Umsetzung der Reformen funktioniert, hat der Politische Revolutionsrat die Parteien angewiesen, alle Treffen und jegliche politische Aktivität einzustellen", hiess es in einer Erklärung, die am Donnerstag im Fernsehen verlesen wurde.

Die Opposition forderte unterdessen von den Putschisten, innerhalb von sechs Monaten Neuwahlen auszurufen. Diese hatten am Mittwoch angekündigt, innerhalb der kommenden zwei Wochen einen neuen Ministerpräsident auszuwählen. Allerdings könne die Ausarbeitung einer neuen Verfassung noch bis zu einem Jahr dauern, erst dann solle es Wahlen geben, hatte es geheissen.



Entspannung der Lage in Bangkok
September 20, 2006

Thailands Armee will bald wieder abtreten - Propagandakampagne der Putschisten in Thailand Der Militärputsch in Thailand, bei dem Ministerpräsident Thaksin in der Nacht auf Mittwoch während eines Auslandaufenthalts entmachtet wurde, verlief unblutig. Die uniformierten neuen Machthaber lancierten eine Kampagne zur Rechtfertigung ihres Vorgehens.

Der Staatsstreich in Thailand, bei dem der seit längerem umstrittene Regierungschef, Thaksin Shinawatra, entmachtet wurde, kurz bevor er vor der Uno-Generalversammlung eine Ansprache hätte halten sollen, ist unblutig über die Bühne gegangen. Die Organisatoren des 18. Militärputsches im Königreich, die von zehn Uhr abends an mit schwer bewaffneten Fusstruppen sowie Panzern und stählernen Barrikaden neuralgische Punkte in der Hauptstadt und in anderen Landesteilen hatten besetzten lassen, stiessen nirgendwo auf Gegenwehr. Selbst hochrangige Mitglieder von Thaksins populistischer Partei Thai Rak Thai, Angehörige des Kabinetts und einige dem Regierungschef ergeben gebliebene hohe Militärs liessen sich offenbar widerstandslos verhaften.

Thaksin-Hochburgen bleiben friedlich. Wie sich bei einer Busfahrt durch Thailands Nordosten, wo sich Thaksin wegen seiner populistischen Politikrezepte unter den armen Bauern traditionell beträchtlicher Beliebtheit erfreut, erwies, war auch hier nach Bekanntwerden seiner Entmachtung vorderhand nichts von öffentlicher Entrüstung zu spüren. Auch in der nördlichen Kapitale Chiang Mai, die als Thaksins Geburtsort ebenfalls zu den TRT-Hochburgen zählt, blieb am Mittwoch alles friedlich.

Die Putschisten, angeführt vom Armeechef Sonthi Boonyaratglin, sind geschickt vorgegangen. Sie haben ihr Vorhaben zuvor von Prem Tinsulanonda - dem Vorsitzenden des königlichen Geheimrates - absegnen lassen. Nach vollbrachter Tat haben sie sich von diesem zur Audienz beim König geleiten lassen, um sich auch noch den Segen der allerhöchsten moralischen Instanz des Landes erteilen zu lassen.

Anschliessend liessen die sich offiziell nun "Rat zur Verwaltungsreform" nennenden Verschwörer zu mitternächtlicher Stunde über die vorübergehend gleichgeschalteten Fernsehsender mehrere Verlautbarungen verlesen. Darin verkündeten sie in vorerst knapper Form die Ausserkraftsetzung der Verfassung, die Absetzung des Verfassungsgerichtshofes und der Regierung sowie einen für Amtsstellen, Banken, Schulen und Universitäten arbeitsfreien Mittwoch. Begründet wurde dies knapp mit der von Thaksin verursachten Spaltung des Landes und der grassierenden Korruption.

Geschickte Propaganda. Von Mittwochmorgen an bestimmten zwei Phänomene das Geschehen: zum einen eine intensive und nicht ungeschickt geführte Propagandakampagne des "Rats zur Verwaltungsreform" zur Rechtfertigung des Putsches und eine damit einhergehende deutliche Entspannung der Lage in Bangkok.

Um neun Uhr morgens präsentierte sich General Sonthi, flankiert von vier anderen Mitgliedern seiner Junta und mit riesigen Porträts des königlichen Herrscherpaares als Hintergrund vor den Fernsehkameras und verlas persönlich eine längere Erklärung. Die Streitkräfteführung sei, so Sonthi, zur Ansicht gelangt, dass das Kabinett Thaksins, das seit der Parlamentsauflösung im Februar und den später gerichtlich annullierten Neuwahlen von April nur noch den Status einer Übergangsregierung innehatte, eine noch nie da gewesene Spaltung von Land und Gesellschaft bewirkt habe.

Korruption und Machtmissbrauch hätten ein untolerierbares Ausmass angenommen. Zudem, so Sonthi, habe Thaksin so stark in die Arbeit der sogenannten unabhängigen, der Kontrolle der Regierung dienenden Organe eingegriffen, dass diese ihre Aufgaben nicht mehr hätten wahrnehmen können.

Die Würde des Königs. Überdies, und dies ist in Thailand eine besonders schwerwiegende Anklage, sei nicht auszuschliessen, dass gewisse Aktionen und Reden Thaksins die Würde des Königs beeinträchtigt hätten. Der "Rat zur Verwaltungsreform" habe deshalb keine andere Wahl als Thaksins Entmachtung gehabt. Man sei aber, so betonte Sonthi, keineswegs an der Ausübung der Macht interessiert, sondern werde dem Volk die "demokratische Macht mit dem König an der Staatsspitze" so schnell wie möglich zurückgeben.

Rückgabe der Macht in zwei Wochen? Wenn diese Fernsehansprache noch nicht viel anders tönte als die meisten Verlautbarungen von Putschisten weltweit, so ging der General am Nachmittag bei einer Aussprache mit geladenen ausländischen Diplomaten und auf einer anschliessenden Medienkonferenz mit seinen Versprechungen sehr viel weiter. Er kündigte an, er habe sich selber eine Frist von nur zwei Wochen gegeben, um eine aus demokratisch und politisch neutral gesinnten Zivilisten zusammengesetzte Übergangsregierung zu ernennen.

Daraufhin werde der "Rat zur Verwaltungsreform" aufhören, zu existieren. Zum gleichen Zeitpunkt solle auch eine nationale Versammlung einberufen werden, die in maximal einem Jahr eine neue Verfassung auszuarbeiten habe, deren Kontrollmechanismen nicht so einfach ausgehebelt werden könnten. Spätestens im Oktober 2007 könnten dann reguläre Neuwahlen stattfinden.

Uniformierte verschwinden wieder aus Stadtbild. Derweil ging auf Bangkoks Strassen eine weitgehende Normalisierung vor sich. Mit Ausnahme einiger wichtiger Kreuzungen waren die Uniformierten bis am späten Nachmittag bereits schon wieder fast vollständig aus dem Strassenbild verschwunden. Insgesamt waren die Soldaten von den Hauptstädtern im Unterschied zu früheren Staatsstreichen ohnehin nicht als bedrohlich aufgefasst worden.

Vielenorts war es am Nachmittag geradezu schon schick geworden, sich zusammen mit Soldaten, denen man zuvor Blümchen in der gelben Farbe des Königs überreicht hatte, fotografieren zu lassen. Für viele hatte die Armee nur endlich das bewerkstelligt, wofür man im vergangenen Frühjahr immer wieder demonstriert hatte. Der verhassten Thaksin "ins Ausland gejagt", wie es ein Mann formulierte.

Einheimische Journalisten, Akademiker und Mitglieder der bisherigen Oppositionsparteien mochten dieser Einschätzung nicht vorbehaltlos zustimmen. Zur endgültigen Beurteilung des Vorgehens der Junta, so einer der befragten Professoren, müsse diese an der selbst gewählten Elle gemessen werden. Falls sie tatsächlich nach zwei Wochen die Macht wieder abgäbe, werde der Putsch zwar immer noch nicht zu einem Reifezeugnis für die Demokratie, doch sei er dann der Aussicht auf weitere Monate mit Thaksins taktischen Manövern und Demagogie, auf erneute Strassenproteste und auf unsaubere Neuwahlen vorzuziehen.



Das Militär übernimmt die Macht in Thailand
September 19, 2006

Der Regierungssitz abgeriegelt - Thaksin in New York. In Thailand hat ein von der Armee angeführter "Rat für Verwaltungsreformen" die Macht übernommen. Es ist unklar, ob alle Militärs hinter dem Putsch stehen. Ministerpräsident Thaksin, der sich in New York aufhält, versuchte den Notstand zu verhängen.

Am Dienstagabend sind in der thailändischen Hauptstadt Bangkok Panzer aufgefahren, die das Regierungsgebäude abriegelten. Die Polizeikräfte, die den Regierungssitz von Ministerpräsident Thaksin bewachten, wurden von Soldaten entwaffnet. Als sich gegen Mitternacht ein "Rat für Verwaltungsreformen" übers Fernsehen an die Bevölkerung wandte und sich als neue Regierung vorstellte, wurde klar, dass in Thailand ein Putsch der Armee im Gange war. Zuvor war unklar gewesen, ob es sich bei den ausrückenden Truppen um regierungstreue oder putschende Soldaten handelte. Die neuen Machthaber, die in einer kurzen Mitteilung ihre Treue zum Königshaus erklärten, machten geltend, dass die verworrene politische Situation ausweglos geworden sei. Sie setzten die Verfassung ausser Kraft und verhängten das Kriegsrecht.

Bereits am Abend hatte es in den Strassen Bangkoks ungewöhnliche Vorzeichen gegeben. Einige Läden schlossen früher als sonst, schon gegen 20 Uhr. Wenig später verlautete aus New York, wo sich Ministerpräsident Thaksin aufhält, dass der Regierungschef den Notstand über das Land verhängt habe. Der Chef der Streitkräfte, General Sonthi Boonyaratkalin, sei von Thaksin entlassen worden. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch bekannt, dass der umstrittene Regierungschef eine Vorverlegung seines Auftritts vor der Uno-Generalversammlung beantragt hat, um frühzeitig nach Bangkok zurückkehren zu können. Noch in den frühen Morgenstunden des Mittwochs blieb indessen unklar, welche Generäle und allenfalls welche anderen innenpolitischen Kräfte hinter dem Putsch stehen. Bis zur Stunde ist auch unklar, ob es im Militär, das sich seit fünfzehn Jahren politisch im Hintergrund hält, Generäle gibt, die nach wie vor zu Thaksin halten. Konfrontationen oder entsprechende Truppenverschiebungen blieben bisher aus.

Erst vor wenigen Tagen hatte der Chef der Streitkräfte Putschgerüchte dementiert und sie als politische Manöver zur Spaltung des Landes bezeichnet. Dass Thaksin in letzter Minute versuchte, ihn abzusetzen, könnte indessen darauf hindeuten, dass der höchste General selbst zu den Drahtziehern gehört. Thaksin hatte ihn vor drei Wochen nach einer Serie von 30 Bombenanschlägen auf Banken im Süden des Landes öffentlich blamiert. Er warf ihm vor, in den drei muslimischen Provinzen Yala, Natani und Narathiwat nicht für Ruhe zu sorgen. Nach diesen Anschlägen, die auf das Konto muslimischer Separatisten gingen, hatte der frühere Ministerpräsident Anand Panyarachun erklärt, dass dem Land eine Spaltung drohe.

Die politischen Spannungen in Thailand halten seit gut einem Jahr an, und seither ist die Machtbasis des umstrittenen Regierungschefs unaufhaltsam abgebröckelt. Im Februar hatte er das Parlament vorzeitig aufgelöst und nur ein Jahr nach seinem Wahlsieg Neuwahlen ausgerufen. Der Schachzug, womit Thaksin auf Strassenproteste reagierte, entzweite das Land vollständig, und die Opposition boykottierte die Wahlen. Das einseitige Ergebnis, das die Thai-Rak-Thai-Partei im Prinzip im Amt bestätigte, wurde schliesslich annulliert. Im November hätten Neuwahlen stattfinden sollen. Unklar blieb indessen, welche Rolle Thaksin, der nach Meinung vieler wegen Korruptionsvorwürfen ganz von der politischen Bühne verschwinden sollte, bei einem neuerlichen Wahlsieg hätte spielen können.

Die Putschisten, die dem Urnengang offenbar zuvorkommen wollten, haben zwar erklärt, dass sie die Macht nur für kurze Zeit ausüben wollen. An baldige Parlamentswahlen ist indessen nicht mehr zu denken. Reformen am Regierungssystem, das sich in den vergangenen zwei Jahren als labil gezeigt hat, hätten eigentlich nach den Wahlen an die Hand genommen werden sollen. Aus dieser Sicht ist die nächtliche Rückkehr der Militärs in die Politik als Rückschlag für die Demokratie zu werten. Ob Thaksin angesichts der Lage überhaupt ins Land zurückkehren kann, bleibt abzuwarten. Die Lage ist auch deshalb brisant, weil Thaksin in Bangkok und im Süden des Landes zwar in einem Popularitätstief steckt, in den anderen Landesteilen aber nach wie vor sehr beliebt ist.

Der Militärputsch in Thailand wirft das Land politisch um mehr als ein Jahrzehnt zurück. Er akzentuiert die Krise, in welche sowohl die Regierung wie auch die Opposition die thailändische Demokratie in den vergangenen Monaten geführt haben. Obwohl Ministerpräsident Thaksin Politik unverfroren nach seinem ganz persönlichen Gusto betrieb und demokratische Abläufe und Institutionen nach eigenem Gutdünken zurechtbog, war er bei einer Mehrheit des Volkes an den Wahlurnen erfolgreich. Dies wollte die Opposition nicht akzeptieren und verweigerte sich deshalb jeglichen Wahlen, an denen Thaksin teilnahm.

Der dringend gebotene Aufbau der in der Verfassung verankerten demokratischen Institutionen wurde einem unwürdigen Ringen um die Macht fern elementarer demokratischer Prinzipien geopfert. Trotz gerichtlich annullierten Wahlen und trotz der Auflösung der Wahlkommission sowie der Verurteilung ihrer Mitglieder zu Gefängnisstrafen sah die Opposition auch für einen weiteren Urnengang das Hauptproblem in der Person Thaksins. Sie hätte am liebsten Wahlen ohne den potenziell wiederum erfolgreichen Thaksin gehabt.

Ein politischer Wettkampf zwischen den Lagern fand somit gar nie statt. Es wurde beidseits mit den Mitteln der Manipulation, des Betrugs, der Demagogie gerungen. Thailands Demokratie geriet ins Wanken. Jetzt spricht wiederum das Militär. Die Suche nach einer demokratischen Ordnung muss von neuem beginnen.
Quelle: NZZ




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