Thailand in historischen Berichten


Die Gesandtschafts-Reise nach Siam und Hue

von

George Finlayson

in den Jahren 1821 bis 1822

Vorwort des Übersetzers

Diese Reisebeschreibung kam im vorigen Jahre (1826) zu London bei John Murray heraus und wurde von dem Herausgeber Raffles dem hohen Gerichtshof der Direktoren der Ostindischen Compagnie, durch welche die Mission mit Allem, was wissenschaftliche Untersuchungen befördern konnte, ausgestattet war, zugeeignet.

Einleitung

Im Jahr 1821 schickte der Generalgouverneur von Bengalen eine Gesandtschaft an die Höfe von Siam und Cochin-China, welche die Eröffnung eines freundlichen Verkehrs zwischen diesen Ländern und den Britischen Besitzungen und die Eröffnung eines freien Handels von beiden Seiten zum Zweck hatte.

Es ist bekannt, dass die Gesandtschaft nicht den erwarteten Erfolg hatte; wenig oder kein Vorteil ward unserem Handel dadurch verschafft, aber der Grund zu einem freundlichen Verkehr ward wenigstens durch diesen Besuch gelegt und die gemachten Erfahrungen können vielleicht einen künftigen Versuch, der unter günstigeren Umständen gemacht wird, erleichtern.

Jedenfalls ward dadurch eine Gelegenheit eröffnet, uns eine schätzbare Kenntnis von bis jetzt fast noch unbekannten Ländern und Völkern zu verschaffen; und in dieser Rücksicht möchte der Inhalt folgender Blätter interessant genug erscheinen, um ihre Bekanntmachung zu rechtfertigen; sie sind fast wörtlich dem Privattagebuch des nun verstorbenen Hrn. George Finlayson entnommen, welcher bei der Gesandtschaft als Wundarzt und Naturforscher angestellt war, der aber leider, zu früh für seine Freunde und die Wissenschaft, ein Opfer seiner unermüdlichen Anstrengungen in der Erfüllung seiner Berufspflichten ward und auf der Rückreise nach England starb, ehe er noch die Durchsicht und die Anordnung seines Tagebuches hätte besorgen können.

Dieses Tagebuch, in seinem unvollendeten und ungeordneten Zustande nebst allen, von Hrn. Finlayson während der Gesandtschaftsreise gemachten, sehr schätzbaren naturhistorischen Sammlungen, ist in das Museum der Ostindischen Compagnie niedergelegt worden, wo es durch die liberalen Anordnungen der Direktoren der Ansicht aller derer offen stand, welche die Sache interessierte. Hier wird nun dasselbe, mit der Erlaubnis des Dr. Somerville, dem Publikum übergeben, und zwar in ganz einfacher Gestalt; solche Werke bedürfen ja weiter keiner Empfehlung, als die Gewissheit ihrer Echtheit und Wahrheit.

Dieses Tagebuch jedoch will nicht eine offizielle ausführliche Erzählung von den Verhandlungen und dem Verfahren der Gesandtschaft geben; davon bringt es nur so viel bei, als ein gewöhnlicher Beobachter, der zugleich Zeuge der Begebenheiten ist, beizubringen pflegt: es beschäftigt sich vielmehr vorzüglich mit dem, was uns das Land, den Charakter, die Einrichtungen und Sitten der dortigen Völker kennen lehren kann.

Es würde sehr leicht gewesen sein, das Werk durch Anmerkungen und ausführliche Erläuterungen zu vergrössern, auch war es eine Zeitlang Absicht, einen Anhang von Kupfertafeln zu geben, welche die, während der Reise gesammelten, naturhistorischen Gegenstände, welche zahlreich und oft sehr wichtig sind, darstellen sollten: allein der Herausgeber wollte das Werk nicht zu sehr verteuern und gab seinen Plan auf.

Teils aus demselben Grunde, mehr aber noch, weil sich die Nachricht verbreitete, dass Hr. Crawfurd, der an der Spitze der Gesandtschaft stand, ein ähnliches Werk herauszugeben Willens sei, ward es für zweckmässig erachtet, das Werk nicht durch Staatssachen und Gesandtschaftsverhandlungen zu vergrössern, auch nicht tief in den öffentlichen Zustand der bereisten Länder einzugehen, oder die verschiedenen, oft verwickelten Interessen zu untersuchen, wie es der Leser vielleicht sehr wünschenswert finden möchte; denn alles dieses gehört mehr in den Bereich der erwarteten Schrift des Hrn. Crawfurd.

Einige Worte jedoch müssen wir erst noch über den, leider zu früh verstorbenen Verfasser sagen:

George Finlayson war zu Thurso in Schottland von armen und geringen, aber geachteten und braven Eltern geboren. Er hatte zwei Brüder, die, gleich ihm, frühzeitig durch den Tod aus einer glücklichen Laufbahn herausgerissen wurden.

Die Umstände, durch welche Donald, der Ältere, und später auch George in diese Laufbahn eintraten, waren folgende:

Als während des letzten Krieges Dr. Somerville die Aufsicht über das Medizinalwesen der Armee in Schottland führte, brauchte er einen Sekretär; die Beschaffenheit seiner Obliegenheiten machte es natürlich wünschenswert, dass ein solcher einige Kenntnis der Medizin hätte; auch wünschte er zugleich, durch die Besoldung dieser Stelle irgend einen jungen verdienstvollen Mann in der Betreibung seiner Studien zu unterstützen. Er wandte sich deswegen an Dr. Thomson, Professor der Wundarzneikunst auf der Universität zu Edinburgh, und vertraute ganz dem gütigen Urteil und dem unparteiischen Eifer, den dieser Gelehrte so oft schon bei der Unterstützung manches bescheidenen Verdienstes an den Tag gelegt hat. Dr. Thomson nannte auf der Stelle einen jungen Mann, der jede Forderung erfüllte und der einen notdürftigen Unterhalt durch Privatunterricht sich verschaffte. Donald Finlayson wurde also vorgestellt und angenommen. Ausserordentlicher Eifer in der Erfüllung jeder Pflicht, verbunden mit dem ernstlichen Bestreben, sich die Zufriedenheit seines Vorgesetzten zu erwerben, waren hervorstechende Züge seines Charakters. Er hatte sehr gute lateinische, griechische und französische Schulkenntnisse, war ein vortrefflicher Botaniker, ein kundiger Anatomiker und wohl bewandert in den übrigen midizinischen Wissenschaften. Er zeigte einen brennenden Eifer in der Erwerbung jeder Wissenschaft, die nur einigermassen ein Interesse erregte. Früher hatte er weniger Gelegenheit gehabt, sich Weltkenntnis zu erwerben, und er war sich wohl eines gewissen linkischen Wesens bewusst, das aus diesem Mangel entstand; aber auch hierin suchte er auf alle Weise sich zu vervollkommnen und nahm mit der grössten Dankbarkeit jeden Wink auf, den man ihm über diese Sache gab.

Als seine akademischen Studien vollendet waren, hielt ihn Dr. Somerville für fähig, einer höheren Anstellung zu genügen und veranlasste ihn, zur Armee zu gehen; zugleich versicherte er ihn seiner vollkommenen Zufriedenheit und äusserte, dass, wenn er einen Bruder hätte, er ihn gern als seinen Nachfolger annehmen würde. Nun nannte Donald seinen Bruder Georg (um dessen Erziehung er sich sehr verdient gemacht hatte) und bezeugte, dass er in jeder Rücksicht noch viel passender sei, als er selbst; er empfahl ihn also auf das Dringendste.

George trat nun in diese Stelle ein und erfüllte in jeder Rücksicht Alles, was man von ihm erwartet hatte; er erwarb sich so sehr die Gunst des Dr. Somerville, dass dieser ihn als Hausgenosse in seine Familie aufnahm; er war überhaupt von Allen geliebt, die ihn kannten. Nach Beendigung seiner Studien brachte sein Prinzipal ihn ebenfalls bei der Armee unter; und es ist eben so sehr ein Zeichen der edlen Gesinnungen dieses achtenswerten Mannes, als es für seine Beurteilungskraft ehrenvoll ist, dass nur eine Stimme darüber herrscht, wie diese beiden, von ihm protegirten Brüder sich nicht nur durch ihre treue Pflichterfüllung, sondern auch durch ihre Humanität gegen Kranke und Verwundete auszeichnen. Donald war als Assistant-Wundarzt beim 33ten Regiment, sowohl während der ermüdenden Gefechte, welche der Schlacht von Waterloo vorhergingen, als auch an dem denkwürdigen Tage selbst, tätig. Aber auf dem Marsche seines Regiments nach Paris verschwand er und es ist höchst wahrscheinlich, dass er als ein Opfer der Marodeure fiel, die, wegen des völlig aufgelösten Zustandes der fliehenden Armee, die ganze Gegend erfüllten.

Zwar nahm späterhin George Urlaub, um, womöglich, von dem Schicksal des unglücklichen Bruders sichere Kunde zu bekommen; allein seine Bemühungen waren vergeblich, denn er konnte die Spur nur bis in die Nähe von St. Quintin verfolgen, wo derselbe eine Höhle untersucht haben sollte. Dieses traurige Los eines Bruders, dem er so viel zu verdanken hatte, machte einen solchen Eindruck auf ihn, dass es fast Pflicht der Menschenliebe war, ihn so weit als möglich von dem Schauplatz einer so schmerzlichen Begebenheit zu entfernen. Sir James Macgregor kam willig und gern den Bitten des Dr. Somerville entgegen, welcher wünschte, den George Finlason bei dem Medizinalstabe angestellt zu sehen, der eben auf Ceylon errichtet werden sollte, und zwar unter der Leitung von Dr. Farrel, der gewiss mehr, als irgend ein Anderer, fähig war, den Wert und die Talente dieses jungen Mannes zu beurteilen und zu würdigen.

In Ceylon war er unermüdlich in botanischen und naturhistorischen Studien, und er widmete ihnen alle Zeit, die ihm seine amtlichen, sehr beträchtlichen Geschäfte übrig liessen. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt auf dieser Insel, ward er durch die Gunst des Sir James als Wundarztgehilfe beim 8ten königlichen Regimente, leichte Dragoner, nach Bengalen versetzt. Er hatte die Freude, zu erfahren, dass sein Regiment in der Nähe der Himalaya-Gebirge stand, denn seine Reise dahin musste ihm je herrliche Gelegenheit darbieten, eine so grosse Strecke unbekannter Länder zu untersuchen; während sein dortiger Aufenthalt ihm Alles versprach, was ein, für die Naturwissenschaften begeistertes Gemüt bezaubern konnte.

Folgender Auszug aus einem Brief, den er bei seiner Abreise von Ceylon an seinen Freund und Gönner, Dr. Somerville, schrieb, offenbart seine damaligen Hoffnungen und Aussichten, und gibt überhaupt über seinen Charakter und seinen Geist einiges Licht.

Kandy, den 6. Juli 1819.
"Ich habe meine Anstellung als Assistenz-Wundarzt beim 8. Dragonerregiment vernommen. Ich habe über diesen Gegenstand ein sehr höfliches Schreiben vom Generaldirektor, dem ich sehr dankbar wegen dieser Anstellung bin, erhalten. Ich konnte meine Besorgnis nicht aufgeben, dass mir die Stelle eines Hofspitalgehilfen übertragen werden möchte, und wenn dies nicht geschehen ist, so weiss ich wohl, dass ich es nur den Vorstellungen und Vermittlungen zu verdanken habe, die Sie und Hr. Reid meinetwegen getan haben. Mit meiner Lage auf dieser Insel hatte ich vollkommen Ursache, zufrieden zu sein, und nicht ganz ohne Schmerz verlasse ich dieselbe. Durch die Güte des Dr. Favell waren meine Obligenheiten und Verhältnisse stets so, dass sie mir nur angenehm sein konnten. Ihren, bei einer früheren Gelegenheit mir erteilten Rat habe ich nicht aus der Acht gelassen, und schon sehe ich mich, durch die Aufmerksamkeit meiner Freunde, im Besitz mehrerer hundert Pfunde, eine Summe, die alle meine Wünsche übersteigt. Ich zweifle deswegen, ob meine Umstände bei der Versetzung nach Indien gewinnen werden, wo, obgleich die Besoldung stärker ist, die Lebensart viel mehr Aufwand erfordert; auch kann ich als zweiter Assistant nicht erwarten, dass mir die Behandlung der Kranken übertragen werden wird. Nichtsdestoweniger hat die Versetzung auf jene Stelle einige höchst angenehme Seiten. Mein Regiment ist in Merut stationiert, an der Grenze der oberen Provinzen des Bengalischen Gouvernements, so dass ich wohl von Calcutta eine Reise von einigen tausend Meilen zu machen haben werde, ein Umstand, der selbst ein Heer von Schwierigkeiten überwiegt. Ich bin entzückt, einen so bedeutenden Teil des Erdbodens kennen zu lernen, und die Reise kann nur interessant und, ich hoffe, nützlich für mich sein."

Als sein Regiment nach Europa zurückkehrte, blieb er zurück und begleitete als Arzt und Naturforscher die Gesandtschaft nach Siam und Cochin-China. Auf dieser Reise ward seine Gesundheit bald durch die ausserordentlichen Anstrengungen, mit welchen er seine naturhistorischen Studien betrieb, untergraben; kaum vermochte er Bengalen wieder zu erreichen und sich nach Europa nur mit weniger, oder vielmehr keiner Hoffnung der Wiedergenesung einzuschiffen. Er starb, wie schon erwähnt worden ist, auf der Heimreise zum Vaterland.

Folgende Auszüge aus einigen seiner letzten Briefe wird man nicht ohne Teilnahme lesen:


Fortsetzung




No ©opyright, Thai Apple 2008-2015 (GNU-Open Source)


Siam/Quellen


Siam in den Jahren 1821 und 1822