George Finlayson (1827) - Reise nach Siam und Hue
Schon sind es nun drei Monate, dass wir in der Hauptstadt von Siam, Bangkok, angekommen sind, und noch immer waren wir nicht im Stande, unser Schiff über die Sandbänke des Flusses zu bringen; und wahrscheinlich müssen wir länger hier verweilen. Ich habe hier nur wenig Gelegenheit gehabt, naturhistorische Beobachtungen von irgendeiner Art anzustellen. So gross ist die Wachsamkeit des Volkes über alle unsere Handlungen und ein so unüberwindliches Hindernis setzt das Misstrauen desselben allen solchen Untersuchungen entgegen. Jedoch haben wir einige Beobachtungen über die Sitten des Volkes, die Religion etc. gemacht, die ihnen vielleicht einmal nicht uninteressant sein werden. Überhaupt, was denken Sie von meinen kurzen und einfachen Skizzen über unsere Reise hierher und nach Cochin-China? Kann ein solches Werk wohl jetzt von einigem Interesse sein, nachdem die Gesandtschaft nach China und der Schiffsbruch Alceste die allgemeine Teilnahme in Anspruch genommen haben? Ich besitze keineswegs die Eitelkeit eines jungen Schriftstellers; ich frage dies nur deswegen, um Ihre wahre Meinung kennen zu lernen, nach der ich mich mehr richten möchte, als nach meiner eigenen. Ich weiss nicht, ob unsere Sendung in politischer und kommerzieller Hinsicht so wichtig ist, dass sie Ihre Aufmerksamkeit oder Neugierde erregen kann. Von dem König von Siam kann man mit Recht sagen, was Voltaire von irgend einem babylonischen Könige sagt: il se croit le plus grand roi la terre, parceque tout le monde le lui dit. Nach seiner Meinung ist selbst das himmlische Reich (China) klein gegen seine Besitzungen. Die Furcht scheint nur zu sehr gegründet zu sein, dass unsere Gesandtschaft gleiches Schicksal mit allen den unzähligen Versuchen haben werde, die schon für die Begründung eines freundschaftlichen und kommerziellen Verkehrs mit den Völkern jenseits des Ganges gemacht worden sind; es ist nicht zu vermuten, dass unser Handel durch diese Sendung etwas gewinnen werde. Als wir in diesem Lande ankamen, waren wir mit so manchen Dingen ganz unbekannt, deren Kenntnis doch in den Geschäften und Verhandlungen mit einem solchen Volke von der höchsten Wichtigkeit ist. Ein langer Friede, den diese Nation aber meh der Schwäche und Geringfügigkeit ihrer Feinde als ihrer eigenen Kraft zu danken hat, gab dem König und einem oder zwei Ministern Zeit, sich in Handelsspekulationen einzulassen. Der König also ist hier Kaufmann, und fast der einzige; dieser Umstand ist sehr wichtig und wohl zu beachten. Die Erfolge der ersten Versuche dieser Art übertrafen die Erwartungen der Regierung und liessen sie auf Vermehrung der Landesprodukte denken. Ganz dem früheren Verfahren entgegen, wurden nur chinesische Kolonisten eingeladen und jetzt hält man sie fast für eben so zahlreich, als die Eingeborenen. Die Wirkungen davon zeigten sich augenblicklich. Die Produktion des Zuckers allein, die vorher ganz vernachlässigt wurde, hat sich in den letzten Jahren auf eine erstaunliche Weise gehoben. Der nämliche Fall ist es mit den übrigen Handelsartikeln, als Pfeffer, Kardamom etc. Nicht zufrieden mit dem Handel nach China, wünscht die Regierung auch europäische Schiffe in ihren Häfen zu sehen; eine Partei im Staate (die nämlich, welche die Handelsangelegenheiten verwaltet) möchte gern den Handel mit den Europäern begünstigen; eine andere hingegen (und dies sind gerade die gewichtigsten Ratgeber des Königs), ist allen Veränderungen in den bestehenden Gebräuchen entgegen, obgleich auch ihr die Ankunft europäischer Schiffe nicht missfällt. Bis jetzt sind die Einrichtungen, die sich auf den europäischen Handel beziehen, noch fast ganz prohibitorisch. Es wäre unnütz noch etwas über die Ursachen des Fehlschlagens unserer Sendung zu sagen; ich weiss nicht, ob wir eine bessere Aufnahme an dem Hofe von Cochin-China finden werden; denn dorthin begeben wir uns, wenn wir erst hier wegkommen können. Was die Art betrifft, wie diplomatische Verhandlungen in diesem Teil der Welt geführt werden, so haben wir vielleicht von Glück zu sagen, wenn wir ohne Beleidigungen und Misshandlungen dieses Land verlassen können.
Aus einem anderen Briefe vom 25. Dezember 1822
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