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Nachrichtenarchiv Thailand

8. Juni 2004 - Der Konflikt im Süden

Uneinig über Sicherheitskurs
Der stellv. Premierminister, welcher für die Sicherheit Thailands verantwortlich ist, hat andere Vorstellungen als der Premierminister über das Konzept, die innere Sicherheit im Süden Thailands zu gewährleisten. Aufgrund der letzten grausamen Attacken forderte General Chavalit Yongchaiyudh ein Überdenken der Sicherheitspolitik im Süden sowie spezielle Massnahmen gegen die "Angreifer" an, während Premierminister Thaksin Shinawatra meinte, die bestehenden Konzepte und Handlungsgrundlagen würden ausreichen. Es sieht so aus, als ob sich der Premier in Richtung einer verhandlungs- und verständnisbetonten Lösung des Konflikts bewegt und die Hardliner an Boden verlieren.

Manipulierte Berichterstattung?
Die Mehrheit der Thais weiss wenig über den tiefen Süden und die Hintergründe der gewaltsamen Auseinandersetzungen. Sie ist daher auf die Berichterstattung in den Medien angewiesen, die sich dieser besonderen Verantwortung aber oft nicht bewusst zu sein scheinen. Sie geben nur das wieder, was ihnen die Behörden erzählen. Viele Muslime, vor allem jene, die das Massaker von Pattani miterlebt haben, konnten sich hingegen ihre eigene Meinung bilden. Wir bringen Auszüge einiger Berichte und Kommentare der Bangkok Post zu diesem Thema, frei übersetzt, die den sachlich korrekten Darstellungen der Regierung entgegenstehen. Viele Augenzeugen verstehen nicht, wieso die 32 Männer, die sich in die Krue Se Moschee zurückgezogen hatten, getötet werden mussten. "Es wäre viel besser gewesen, man hätte sie gefangengenommen", meint zum Beispiel Abdullah, ein 19jähriger, der die Aktion beobachtet hatte. "Aber die Behörden hatten offensichtlich beschlossen, sie ein für allemal auszurotten. Ich glaube nicht, dass ein Staat seine Bürger einfach abknallen darf, auch wenn es Unruhestifter sind. Die Behörden verstanden nicht, warum sich seit den Morgenstunden immer mehr Menschen vor der Moschee einfanden. Als die Schiesserei anfing, waren Buhrufe zu hören, und manche begannen, Steine auf die Beamten zu schleudern." Niramal Suleiman, ein Mitglied der Handelskammer von Pattani, eilte ans Telefon und versuchte, leitende in Bangkok zu erreichen. "Wir wollten sie davon überzeugen, dass man mit den Leuten verhandeln muss und keine Gewalt anwerden darf, aber niemand hörte auf uns", klagt er. Die überwiegende Mehrheit der thailändischen Bevölkerung hingegen begrüsste das Vorgehen der Regierung während der Vorfälle am 28. April, einschliesslich der Tötung Aufständischen in der Moschee, wahrscheinlich weil sie der Meinung waren, dass es sich dabei um dieselben Personen handelte, die Beamte umgebracht, Militärlager überfallen und Schulen niedergebrannt hatten. Sie hatten die Live-Sendungen gesehen, in der Thaksin und die Militärs ihre Statements abgaben, unterlegt von den Bildern der Toten, die in den Strassen lagen. Die öffentliche Meinung wurde so in die "richtige" Richtung gelenkt. Der Ministerpräsident erklärte, für jeden positiv Denkenden nachvollziehbar, diese Leute seien Drogenabhängige, die Militantesten unter ihnen seien von Drogenbaronen aus Chiangrai manipuliert worden, die ihre Pfründe durch den "War on drugs" der Regierung, dem Kampf gegen die Drogen, in Gefahr sähen. Viele Radiostationen gaben ihren Hörern Gelegenheit, anzurufen und sich gegenseitig in der Ansicht zu bestätigen, dass es richtig war, die Leute umzubringen. Im Internet war man auf vielen Websites und in den einschlägigen Chat-Rooms mit überwältigender Mehrheit ebenfalls der Meinung, dass die Beamten nur ihre Pflicht getan und diese "Banditen" den Tod verdient hätten. Nahezu täglich rief Thaksin die Medien auf, sehr vorsichtig zu sein, um "das Ansehen der Nation nicht zu schädigen". Er bezeichnete Berichte in ausländischen Medien als feindselig, unfair, unethisch und unverantwortlich und beklagte sich auch über die englischsprachigen Tageszeitungen im Inland. Er bemerkte ironisch, die wollten wohl ihre Verkaufszahlen erhöhen, indem sie Leute zu Wort kommen liessen, die nicht mit der Regierung übereinstimmten. Dabei sei es doch offensichtlich, dass 90 Prozent die Ansicht der Regierung teilten. Wahrscheinlich hätten diese Leute vergessen, dass sie ebenfalls Thais seien, weil sie auf Englisch schreiben. (Ein echter Thai schreibt nur das, was die Regierung als korrekt und wahr abgesegnet hat.) Nur einige wenige Medien mit destruktivem Background missachteten die Wahrheiten der Regierung. In den folgenden Tagen brachten einige von ihnen, vor allem Zeitungen, Hintergrund-Stories mit tendenziösem Inhalt über die Toten und deren Familien. Sie fanden angeblich unter anderem heraus, dass viele der Opfer keineswegs Drogenabhängige waren, und forderten eine genaue Untersuchung der Vorfälle. Diesen Angaben muss man sehr skeptisch gegenüberstehen, denn es kann ganz einfach nicht sein, dass sich gerade in Thailand Offizielle so irren und bewusst die Bevölkerung irreführen mit manipulierten Meinungen. In Internet-Foren versuchten einige Muslime, den Besuchern Informationen über die Hintergründe und die Geschichte des tiefen Südens zu geben. Die Reaktionen waren enttäuschend. Sie stiessen auf taube Ohre, fanden kein Verständnis oder wurden sogar beschimpft. Das ist die Reaktion des wahren, patriotischen Thailand und beweist, dass die Demokratie in Thailand eine feste Basis hat - die Mehrheit entscheidet, was Recht ist und wer umgebracht werden darf. wbp

Regierung ausser Kontrolle?
Der bekannte Regierungskritiker Kanin Boosuwan, einer der Väter der Verfassung von 1997, sagte während einer Podiumsdiskussion zum Jahrestag des "Black May", eine Weiterführung politischer Reformen sei wenig wahrscheinlich, solange die Anhänger der Thaksinomics am Ruder seien. Sie hätten wichtige Institutionen, die als unabhängige Kontrollinstanzen vorgesehen waren, unter ihre Kontrolle gebracht, wie das AMLO (Anti-Money Laundering Office, zur Bekämpfung illegaler Geldflüsse), das NCB (Narcotics Control Board, zur Bekämpfung des Drogenhandels) und das SID (Special Investigation Department). "Diese Organe sind zu Werkzeugen der Regierung verkommen. Die Verfassung ist nur mehr ein Stück Papier", meinte Kanin. Denn auch das Parlament, das als Legislative eigentlich die Exekutive kontrollieren sollte, erfülle diese Aufgabe nicht, weil ihm die Regierung unantastbar erscheine. (Man beachte die abwertende Bezeichnung "verkommen", die die durch hohes Verantwortungsgefühl gesteuerten Kontrollmassnahmen der Regierung in unerträglichem Masse diskriminiert. D. Red.) wbp

PM zwingt Grau raus, Weiss rein
Der Premier beabsichtigt, jene im Untergrund tätigen Wirtschaftszweige zu legalisieren, denen die Regierung nicht anders beikommen kann. Das sei immer noch besser, als diese Geschäfte und Gewinne nur der Mafia ("influential people") und korrupten Beamten zu überlassen, sagte er. Als gelungenes Beispiel nannte er die staatliche Einführung der 2- bzw. 3-Zahlen-Lotterie. Die Gewinne daraus würden für Stipendien bedürftiger Kinder verwendet. Mit noch mehr Einnahmen dieser Art könnte man die Armen, Alten und Aidskranken unterstützen. Um welche Geschäftsbereiche es sich handle, werde erst nach Abschluss einer Studie des NESDB bekanntgegeben, sagte er. Das angesprochene Gremium gab mittlerweile bekannt, es wolle das soziale Netz auf die ständig wachsende Schattenwirtschaft ausdehnen. In diesen Bereichen tätigen Arbeitnehmern sollten die gleichen sozialen Errungenschaften zugute kommen wie jenen, die in der offiziellen Wirtschaft arbeiten. Dass es sich um ein wahrhaft gigantisches nationales Problem handelt, beweisen die Zahlen. Das NESDB schätzt, dass die Schattenwirtschaft im Jahr 2001 insgesamt 2.340 Milliarden Baht ausmachte, das sind 46 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Sie gab 23 Millionen Arbeit, das sind 70 Prozent der Arbeitsfähigen im Lande. Die Palette der Tätigkeiten reicht vom Strassenverkauf über Motorradtaxifahren bis zum Geldverleih. In diesen horrenden Zahlen sind drei grosse Bereiche noch gar nicht berücksichtigt, weil sie illegal sind: Glücksspiel, Prostitution und Drogenhandel. Nun sollen alle diese Bereiche bis 2007 in den offiziellen Wirtschaftskreislauf eingebunden werden. Die Behörden drängen darauf, die betroffenen Arbeitnehmer zu registrieren, gesetzliche Massnahmen zur Legalisierung zu ergreifen und den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern. Alle diese Bestrebungen zielten darauf ab, jene Bereiche unter staatliche Kontrolle zu bringen, die zwar offiziell ungesetzlich, aber gesellschaftlich akzeptiert sind, hiess es. wbp

Sex-Workers fürchten Registrierung
Der zuständige Senatsausschuss wird der Regierung empfehlen, nicht die Prostituierten selbst, sondern die Etablissements, für die sie arbeiten, zu registrieren. Eingehende Studien hätten ergeben, dass sich die Mehrheit der SexarbeiterInnen gegen eine Registrierung ausspricht, weil sie fürchten, dadurch ein Leben lang stigmatisiert zu werden. Sie befürworten aber eine Registrierung ihrer Arbeitgeber, wenn sie dadurch in den Genuss des sozialen Sicherheitsfonds und des 30-Baht Schemas der Krankenhäuser kommen. wbp

Mädchen auf Abwegen
Senator Wallop Thankhananurak bezweifelt, dass das 1996 erlassene Gesetz gegen die Kundschaften von Prostituierten unter 18 Jahren sein Ziel erreicht hat. In den 7 Jahren seit der Einführung dieser Bestimmung konnten nur etwa 20 Verhaftungen vorgenommen werden. Dabei gibt es nach seinen Angaben unter den schätzungsweise 150.000 bis 200.000 Sexarbeitern des Landes 30.000 Minderjährige. Die Rechtfertigung der Polizei: es sei eben nicht einfach, ein Paar in flagranti zu ertappen, wie es im Gesetz vorgesehen sei. Trotzdem könne Thailand stolz auf dieses Gesetz sein, meinte er, denn ähnliches gebe es nur in Frankreich, Deutschland und einigen skandinavischen Ländern. Im übrigen zeigte er sich zutiefst beunruhigt darüber, dass so viele junge Mädchen sich prostituieren, nicht, um sich das Geld für eine gute Ausbildung zu verdienen, sondern "aus Verschwendungssucht". "Ich habe herausgefunden, dass manche in das Sexgeschäft einsteigen, nur um sich damit die 16.000 Baht für ein Mobiltelefon zu verdienen", klagte er.




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