Nachrichtenarchiv Thailand
Verfassungsreferendum: 56,7% JA, 41,4% NEINDie Abstimmung über die Annahme der neuen Verfassung Thailands durch das Volk brachte eine Mehrheit für den Entwurf der Militärregierung: 25 Millionen der insgesamt 44,2 Millionen Wahlberechtigten gingen zur Wahl - das ist eine Wahlbeteiligung von 56,8%. Allerdings ist aus den regionalen Ergebnissen die geografisch/politische Spaltung des Landes ablesbar:
Bangkok: 1 487 093 JA-Stimmen (64,5%), 792 694 NEIN-Stimmen (34,4%) Der arme, volkreiche Nordostteil Thailands befindet sich also weiterhin mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit unter dem Einfluß der mittlerweile verbotenen "Thai Rak Thai" Partei des von der Militärregierung abgesetzten Ex-Premierministers Thaksin Shinawatra. In der Hauptstadt und der Zentralregion ist es etwa umgekehrt. Die Mittelklasse Bangkoks akzeptierte die Notwendigkeit eines militärischen Eingriffs in demokratische Abläufe. Man könnte das als ein Zeichen für die mangelnde Verankerung demokratischer Prinzipien im Denken der Thais interpretieren. Der wirtschaftliche Nutzen steht gegenüber politisch-moralischer Prinzipien im Vordergrund. Thaksins populistische Aktionen wurden von der Mittelklasse finanziert, darum wurden die Panzer der Putschisten in Bangkok damals auch mit Blumen dekoriert. Das jetzige Abstimmungsergebnis beweist erneut: Es ist der demokratische Wille der Mehrheit, undemokratische Aktionen zur "Rettung der Demokratie" zu akzeptieren. Die Bereitschaft zur Akzeptanz solcher Eingriffe auch in Zukunft, wenn diese zu ihrem Nutzen erfolgen, dämpft Hoffnungen auf eine strukturelle Verbesserung in Thailand und nährt die Befüchtung einer verdeckten militärischen Dominierung der Zukunft Thailands. Der amtierende Premierminister General Surayud Chulanont kündigte Neuwahlen an bis Ende des Jahres. Er schloß ein Weiterregieren der Militärs und ihr Engagement in der Politik für die Zukunft aus. Angesichts der Voraussetzungen drängt sich ein Ausspruch auf, der dem bayrischen Politiker Franz Josef Strauß zugesprochen wird: Er soll gesagt haben: "Mir ist es es gleich, wer unter mir Bundeskanzler wird..." Der Vorsitzende des Revolutionsrates der Putschisten, General Sonthi Boonyaratgalin, meinte zum unbefriedigenden Isaan-Ergebnis, daß wohl zu wenig Menschen die Botschaft und Aufklärung der Regierung vor der Wahl vernommen hätten. Er machte immer noch keine definitive Aussage, ob er nun nach seiner Pensionierung in die Politik gehe oder nicht. Abhisit Vetjajiva, Chef der Demokratischen Partei, bezeichnete die Annahme des Referendums als Neubeginn für Thailand. Die Mehrheiten zeigen, daß er es mit seinen Demokraten schwer haben wird, seine Vorstellungen zu verwirklichen, die sich nur auf ihre allerdings komfortable Mehrheit im Süden stützen können. Aus dem Mund von Chaturon Chaisaeng, dem designierten Führer der Mitglieder der aufgelösten Thai Rak Thai, hörte man in diplomatischer Form, wie man sich die Zukunft vorstellen kann: Die Verbotene "Thai Rak Thai" akzeptiert zwar theoretisch den Gesamtwillen des Volkes, aber man werde mit Hochdruck daran arbeiten, die gerade abgesegnete Verfassung auf demokratischem Weg zu "verbessern". Das klingt bereits wie ein Programm für den bevorstehenden Wahlkampf. Diejenigen, die gegen Thaksin und die Militärregierung sind, üben sich in der Kunst des "Pfeifen im Walde". Es sei eine wundervolle Überraschung, daß die Ablehnungsquote angesichts der ungünstigen Voraussetzungen über 40% liege, meinte der prominente Bürgerrechtler Prof. Somchai Preechasilpakul, Dozent für Recht an der Chiang Mai Universität. Was wären da erst unter einer neutralen Wahlkommission und ohne Einschüchterungsmaßnahmen für Ergebnisse herausgekommen. Zwei Mitglieder der Wahlkommission sind gleichzeitig Verfassungsschreiber, und die Kampagne der Gegner, die Wahl zu boykottieren, wurde verboten. Es gab sogar Gegner der Verfassung, die die Militärregierung zum Verlierer erklärten... die meisten der Ablehnenden seien offensichtlich gegen den Coup und die Militärregierung, meinte Uchane Cheangsan, ein führendes Mitglied des September-Netzwerks gegen den Coup. Die Verantwortlichen in der Wirtschaft und dem Finanzsektor üben weiterhin Schadensbegrenzung auf dem Investitionsmarkt und wiederholen Beschwörungsformeln: Maris Tarab, Vorsitzender der Association of Investment Management Companies, meinte, das Abstimmungsergebnis wirke sich positiv auf die Märkte aus. Er schloß daraus, daß sich die politische Situation "stabilisieren" würde.
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