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Nachrichtenarchiv Thailand

Mai 2009

Hintergrund: Zur politischen Situation in Thailand

Premierminister Abhisit ist im April bei der Auflösung der teils gewalttätigen Massendemonstrationen der Rothemden einen schmalen Pfad zwischen Diktatur und Demokratie gegangen: Wenn Menschen durch die Aktionen der Sicherheitskräfte umgekommen wären, dann wäre die Situation heute vermutlich eine andere, als sie es nun ist. Fest steht, dass er unerwartete Führungsqualität gezeigt hat und ebenso steht fest, dass das Glück auf seiner Seite war.

Die Führer der UDD wurden verhaftet, Thaksins Reisepässe für ungültig erklärt und seine medialen Sprachrohre in Thailand, die Satelliten-Fernsehstation DStation sowie einige regionale Radiostationen, wurden geschlossen. Das Geschehen hat sich tatsächlich von der Straße wieder auf die politische Bühne verlagert, auf der nun wieder über Verfassungsänderungen diskutiert wird bzw. über Wirtschaftsförderungspakete angesichts der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise. Die eingekehrte Ruhe und oberflächliche Normalität sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ursachen der politischen Konflikte und der Zerrissenheit der Gesellschaft in den letzten Jahren keineswegs aufgearbeitet bzw. gelöst worden sind.

Die Rothemden haben die vergangene Schlacht um das klar verloren, was sie als eine große Ungerechtigkeit in der thailändischen Gesellschaft bezeichnen, nämlich die Ungerechtigkeiten zwischen Reich und Arm, zwischen der traditionellen Elite und der Mehrheit der kleinen Leute. Und weil es diese Ungerechtigkeiten weiterhin gibt, werden diese jedenfalls solange ihre Sprengkraft behalten, solange diese Grundprobleme nicht hinreichend erkannt oder zumindest ansatzweise gelöst werden.

Es mag zwar eine Ironie der thailändischen Geschichte sein, dass ausgerechnet der Multimilliardär Thaksin durch geschicktes Spiel auf der Tastatur des Populismus die Mehrheit der armen und unterprivilegierten Landbevölkerung auf seine Seite bringen und das demokratische System für die eigene Bereicherung und den Ausbau seiner Macht missbrauchen konnte. Aber er hätte das nicht vermocht, wenn es nicht diese immer größer werdenden Ungerechtigkeiten und die damit verbundene Proteststimmung im Land gegeben hätte.

Die in Rot gekleideten Anhänger Thaksins haben bei ihren provokativen Aktionen im April dieses Jahres (nicht zuletzt durch unnötige zerstörerische Gewaltaktionen) ihre Fähigkeit einen landesweiten Aufstand zu provozieren überschätzt. Die Gewalttätigkeiten führten zu einem Vertrauensverlust in ihren moralischen Anspruch, zu öffentlicher Entrüstung und einem Erstarken der konservativen Gegenseite.

Der Premier der (konservativen) "Demokratischen Partei", Abhisit, konnte zwar die erste große Bewährungsprobe seiner Regierung bestehen, aber ob er die notwendigen Lehren aus den Ereignissen gezogen hat, ist eine andere Frage. Bis jetzt sind seinen staatstragenden, schönen Worten noch kaum solche Taten gefolgt, die zeigen würden, dass er die Forderungen und Klagen der "Roten" (bzw. die zugrunde liegenden Missstände) anerkennen würde. Klar ist auch, dass er seinen augenblicklichen Sieg nicht zuletzt durch die Unterstützung der Armeeführung erringen konnte, einer sehr "anpassungsfähigen und schmiegsamen" Armeeführung, die sich bei den Massenprotesten der konservativ-royalistischen Gelbhemden im Oktober des Vorjahres desinteressiert gezeigt hatte.

Die bis vor Kurzem noch in die Defensive gedrängt gewesenen konservativen Kräfte sind jetzt in Versuchung den exilierten und flüchtigen Thaksin Shinawatra als die einzige treibende Kraft hinter den Rothemden zu sehen. Nun, da Thaksin durch den Aufstieg und Fall der UDD weiter diskreditiert wurde, könnten sie schlussfolgern, dass alles normal ist und die jüngsten Unruhen lediglich ein vorübergehendes Ärgernis waren.

Mit dem beschädigten Ansehen von Thaksin müssen sich die "Roten" nun auf sich selbst besinnen. Wenn ihre Anliegen real, berechtigt und ungelöst sind, dann werden sie einen Weg finden um sich neu zu gruppieren und auch eine neue Führung zu finden. In diesem Fall wäre ihre Rebellion mit den Ereignissen der 1910er und 1920er Jahre zu vergleichen, als eine Serie von Revolten gegen die herrschende Ordnung ohne irgendwelche Zugeständnisse unterdrückt wurde, bis eine Gruppe mutiger Revolutionäre im Jahre 1932 schließlich erfolgreich war und die absolute Monarchie durch eine konstitutionelle Monarchie ersetzt hat.

Es ist nahezu sicher, dass die "Roten" für mehr stehen als nur für Thaksin, der nachweislich korrupt war und der ebenso nachweislich die jüngsten Unruhen aus dem Exil manipuliert hat. Deshalb sollte das Streben nach einer wirklichen Demokratie, in der alle Menschen das gleiche Stimmrecht und generell die gleichen Rechte haben, nicht länger in Frage gestellt werden.

Es ist schon fast wieder vergessen worden, aber die "gelbe" Bewegung hat in der Zeit, in der die Partei von Thaksin bzw. dessen Nachfolgeparteien an der Wahlurne nicht zu besiegen war, tatsächlich gefordert vom demokratischen Grundprinzip "jeder Bürger hat eine Wahlstimme" abzugehen und eine Art Räteherrschaft einzuführen. Das wurde damit begründet, dass die unterprivilegierte und ungebildete Landbevölkerung einfach noch nicht "reif" sei für eine Demokratie nach westlichem Standard, und nur die gebildete (und wohlhabende) Elite wüsste, was gut für das Land sei. Westlicher Kritik an derartigen Ideen wurde damals überheblich vorgeworfen, keine Ahnung von den Besonderheiten der thailändischen Kultur und Geschichte zu haben.

Diese Ideen sind aber seit der Machtübernahme der "Demokratischen Partei" ohnehin nicht mehr aktuell, ebenso wie die "roten" Attacken gegen Mitglieder des Kronrates nun verstummt sind (denen Verletzung der Verfassung durch Planung oder Lenkung des Militärputsches am 19. September 2006 vorgeworfen wurde), weil die "rote" UDD im Augenblick mundtot gemacht wurde.

Dennoch können sich diese massiven Vorwürfe in der Erinnerung von vielen Menschen eingegraben haben, die zur Zeit Angst haben dieses Thema anzusprechen. Aber auch wenn es momentan unter den Teppich gekehrt wurde, so wird diese Frage (die ja auch an den Grundmauern der Monarchie rüttelt) sicher wieder an die Oberfläche kommen, und zwar spätestens dann, wenn es zu einem Thronwechsel kommen wird.

Eine zentrale Frage ist daher, welche Lehren der Premier aus dieser kurzlebigen Rebellion gezogen hat. Kritiker von Abhisit sagen, dass er eine Gabe hat, das Richtige zu sagen, abernicht zu tun. Sein Ruf nach Gerechtigkeit für Alle bezieht sich konsequent nicht auf die Rechtsverletzungen der "Gelbhemden" vom Vorjahr. Sein Sinn für Recht und Gerechtigkeit beginnt augenscheinlich erst im Jänner 2009 mit der Übernahme seines Amtes. Da unter seiner Führung der Niedergang der "Roten" stattgefunden hat, könnte er die Gründe für deren Aufstieg und deren Zorn übersehen oder unterschätzen.

Was nun Not täte wäre, den Roten die Hand zu reichen. Abhisit könnte ihnen zuhören, und einige ihrer Forderungen und Klagen aufnehmen und auch sicherstellen, dass ihrem nunmehr düsteren Schicksal mit wirklicher Gerechtigkeit bei den bevorstehenden Prozessen begegnet wird.

Rückwirkend betrachtet war der Aufstieg der Roten unvermeidlich, und zwar wegen der Ungleichheiten in der sozialen und politischen Hierarchie Thailands und den Widersprüchen zwischen dem aktuellen Zustand und heraufdämmernden Zeiten der Veränderung. Ihre Revolte war im Moment umsonst, aber die dahinter liegende Stimmung gegen das Establishment wird weitergären und sich vermutlich festigen bis sie irgendwann eine neue Möglichkeit zum Ausbruch findet.

Man sollte die unter der Oberfläche gärenden Kräfte gegen das Establishment nicht unterschätzen. Das Nicht-Erkennen und die deshalb fehlenden Zugeständnisse würde nur zu einem weiteren Aufstauen dieser Kräfte führen und wäre gefährlich. Die den Gelben nahe stehende jetzige Regierung steht noch immer auf tönernen Füßen, denn sie wurde im letzten Dezember mit Hilfe der Strassenproteste, des Verfassungsgerichtes und einiger politischer Wendehälse (Newin-Fraktion) formell an die Macht gebracht. Der Premier sollte nicht vergessen, dass seine Regierung aus dem Chaos geboren wurde.

Die Verantwortung für den weiteren Weg ruht dennoch nun auf Abhisits Schultern, bzw. auf den Schultern die diese Regierung stützen. Die Fehlkalkulation der Roten hat ihre monatelange Massenbewegung unnütz werden lassen. Dennoch ist nun die Bereitschaft des Establishments erforderlich, die Wahrnehmung der "Rothemden" von Ungerechtigkeit und Ungleichheit anzuerkennen und aufzugreifen. Ansonsten werden die Forderungen nach mehr sozialer Gerechtigkeit in neuer Gestalt in naher Zukunft wieder durch die Oberfläche brechen.

Die "Thai Rak Thai" Partei hatte drei aufeinander folgende Wahlen mit erdrutschartigen Siegen für sich entschieden. Thaksin Shinawatra wurde durch diese unbestrittenen Wahlerfolge der Held der Armen, er genoss eine Art der Verehrung die man seit den Tagen von Feldmarshall P Pibulsongkram nicht mehr gesehen hat. Der Populist Thaksin hat sich zwar seine Beliebtheit mit Wahlgeschenken an die Bevölkerung auf dem Land erkauft, aber er hat auch den ländlichen Gebieten infrastrukturelle Verbesserungen gebracht, und er hat auch (was noch wichtiger ist) der mehrheitlich armen Landbevölkerung eine politische Stimme verliehen. Diese Leute verehren ihn deshalb so sehr, dass ihm selbst ein "wenig Machtmissbrauch" bei seinen Wählern (immerhin die Mehrheit der Wähler) nicht schaden konnten. Deshalb war die letzte stabile und demokratisch verankerte Regierung diejenige Thaksin Shinawatras, des asiatischen Berlusconi, auch wenn man das heute vielleicht nicht mehr gerne hört. Nach dem Putsch von 2006 wurde Politik fortan auf der Strasse gemacht, von selbsternannten Rettern der Demokratie, die aus dem Hintergrund von wohlhabenden und einflussreichen Kreisen großzügig finanziert und mit gutem Essen bei Laune gehalten werden. Das ist in Thaksins rotem Lager nicht anders als bei den Gelben, der bürgerlichen und royalistischen Elite.

Mit den jüngsten "Enthüllungen" hat Thaksin seine Anhänger davon überzeugt, dass es bei seiner Entmachtung und dem Militärputsch 2006 eine massive Einmischung von Personen im Umfeld des Königshauses gegeben hatte, wovon einige sehr einflussreiche Mitglieder des Kronrats gewesen sein sollen. Einerlei ob diese Behauptungen nun der Wahrheit entsprechen oder nicht, sie bestätigten bei den loyalen Thaksin-Anhängern (die sich als liberale Aktivisten für die Demokratie verstehen) deren tief verwurzelte, von Misstrauen gegenüber oligarchischen Einflüssen geprägte Empfindungen, der permanenten Einmischung dieser Oligarchie in alle wichtige Entscheidungen der von ihnen demokratisch gewählten Regierung.

So unbegründet diese Anschuldigungen Thaksins auch sein mögen, sie waren ausreichend um bereits vorhandene Zweifel an der Gerechtigkeit solcher Institutionen wie dem Kronrat, der Armee und des Justizwesens (inbesondere des Verfassungsgerichts) zu verstärken. Zieht man nun Verbindungen zwischen diesen Anschuldigungen und der aufeinander folgenden Auflösung der populären Mehrheitsparteien "Thai Rak Thai" und dann der "People Power Party", sowie dem unvergessenen Militärputsch 2006 und der darauf folgenden Verfassungsänderung, dann mussten sich dieses Misstrauen fast zwangsläufig im Weltbild aller "Rothemden" verfestigen. Diese Art die Ereignisse zu sehen wurde zur ideologischen Grundlage für die "Songkran-Proteste" im April, die leider von Gewaltaktionen überschattet waren.

Das erklärt aber nur die emotionale Energie die zu den Protestaktionen an den Songkran-Feiertagen geführt hat. Was aber mindestens ebenso wichtig zum Verständnis des Unmuts der Roten ist, ist die Tatsache, dass die Massenproteste der "Rothemden" am 14. April überhaupt durch das Militär aufgelöst wurden. Denn der Kontrast zu den freien Zügeln die das Militär im Vorjahr den in königliches Gelb gekleideten Demonstranten der "People's Alliance for Democracy" (PAD) ließ, war nur allzu augenscheinlich. Und die PAD-Gelben hatten damals immerhin das Regierungsgebäude und die zwei internationalen Flughäfen in Bangkok besetzt. Der damalige Innenminister (Pol Gen Kowit Wattana) hatte nach diesen Besetzungen bei einer Parlamentssitzung ausgesagt, dass die Polizei damals die legale Ordnung deshalb nicht zur Gänze wiederherstellen konnte, weil er gute Gründe hatte anzunehmen, dass die Gelbhemden über "sehr gute Verbindungen" verfügten.

Die Wahrnehmung derjenigen, die ihre Massenproteste in der "kommunistische Farbe" Rot abgehalten haben ist jedenfalls nun die, dass die Sicherheitskräfte nicht die gleichen Maßstäbe im Umgang gegenüber den beiden Lagern anlegen. Ihre erlebte Wahrnehmung ist, dass die Träger der royalistischen Farbe (Gelb) durch die Einflussnahme des konservativen Establishments vor dem Gesetz (bzw. deren Vollzugsorganen) bevorzugt werden.

Die die Politik und Wahlentscheidungen korrigierenden Rollen des Verfassungsgerichtshofs und des Strafsenats für politische Amtsinhaber am Obersten Gerichtshof haben zudem die Auffassung verstärkt, dass tatsächlich zwei verschiedene Standards bei Politikern angelegt werden, je nachdem ob diese dem Thaksin-Lager anzurechnen sind oder nicht. Es hat in den vergangenen vier Jahren in der Tat keine einzige Strafverfolgung irgendeines öffentlichen Amtsinhabers der Demokratischen Partei gegeben. Das gilt sowohl für den Verfassungsgerichtshof, den Strafsenat für Politiker als auch für die Nationale Anti-Korruptions-Kommission (NACC).

Darüber hinaus hat der Verfassungsgerichtshof die "Thai Rak Thai" Partei aufgelöst, ebenso deren Nachfolgepartei "People Power Party" und in einem Aufwaschen auch noch die "Chart Thai Party" und die "Matchimathipataya Party" - sodass als einzige große Partei nur mehr die jetzt regierende "Demokratische Partei" übrig geblieben ist.

Auch wenn die Entscheidungen des Gerichtshofes gesetzeskonform und fair zustande gekommen sind, reicht der oberflächliche Eindruck eines Doppelstandards völlig aus, um auch bisher anders denkende Menschen ins Thaksin-Lager übertreten zu lassen.

Der Weg der vor dem konservativen Establishment liegt ist klar und unvermeidlich. Und zu diesem Establishment zählt der Verfassungsgerichtshof, der Strafsenats für politische Amtsinhaber am Obersten Gerichtshof, die NACC, das Büro des Generalstaatsanwalts, der Kronrat, die konservativen Medien und das Rollenspiel von bestimmten Akademikern, die zum Nutzen von royalistischem Eifer häufig in Fernsehstudios geladen werden.

In ihrem Zusammenspiel liegt nun die Aufgabe die Verfestigung einer endgültigen Schlachtlinie in der Zukunft zu verhindern, ihre Aufgabe muss sein, den bei den Roten bereits sehr tief sitzenden Unmut aufzulösen, denn ihre Zahl ist noch immer in Millionen zu messen. Die Herausforderung ist es, den klaffenden Graben zwischen den "konservativen Gelben" und den "liberalen Roten" zu überbrücken, so dass ein Weg zur friedlichen Aussöhnung gefunden werden kann.

Realistisch betrachtet muss man sagen, dass die Hoffnung auf Meisterung dieser Aufgabe sehr gering ist. Betrachtet man die Berichterstattung in den thailändischen Medien seit dem Sieg der Regierung Abhisits über die "Rothemden", so ist offensichtlich, dass Themen mit Bezug auf das konservative Establishment bzw. die Gelben oder die jetzige Regierung betreffen vollkommen dominant sind. Die Ursachen der roten Massenbewegung und deren Aufarbeitung werden aus der öffentlichen Diskussion ausgeklammert.

Das verheißt nichts Gutes für die Zukunft. Dem selbstgefälligen Machtmenschen und Multimilliardär Thaksin persönlich braucht man keine Träne hinterher weinen. Aber er hat es vermocht sich selbst zu einem Symbol des Wandels zu stilisieren, und zwar in einer Zeit die tatsächlich eine Zeit des Wandels ist.

Die Regentschaft des Königs geht allmählich seinem Ende entgegen, eines Königs, der es in seiner über 60-jährigen Regentschaft erreicht hat, von seinen Untertanen als Übervater der Nation gesehen zu werden. Ein König, der unantastbar geworden ist, der fast in die Kategorie eines Gottkönigs aufgestiegen ist und ohne den die Thais in eine tiefe Identitätskrise stürzen werden. Und diese Zeit steht unmittelbar bevor.

Die Situation gleicht jener vor rund 100 Jahren, als der Tod des damaligen Königs Chulalongkorn (Rama V) das Land in eine tiefe Sinnkrise gestürzt hat. Auch Chulalongkorn war in seiner langen Regentschaft zu einer Identität stiftenden Ikone geworden, einem Übervater der nicht ersetzt werden konnte. Während der kurzen Nachfolgeregentschaften gärte bereits die Saat eines großen Wandels, die letztlich durch einen Putsch die absolute Monarchie durch eine konstitutionelle Monarchie ersetzte.

Im Augenblick darf in Thailand nicht öffentlich über das Unvermeidliche und die damit verbundenen Szenarien gesprochen werden. Die Tabuisierung des Königs und die strengen Gesetze zur "Majestätsbeleidigung" unterbinden das vollkommen. Tatsache ist aber auch, dass die Thais unter vorgehaltener Hand sehr wohl darüber sprechen und dieses Bewusstsein des Unvermeidlichen ein verstecktes Handlungsmotiv bei etlichen Politikern und Vertretern anderer Eliten (z.B. Geldadel und Militär) ist. Ohne diese "hidden agenda" wären aber viele politische Ereignisse der letzten Jahre gar nicht erklärbar. Es ist offensichtlich, dass unter der Oberfläche Versuche im Gang sind, die Weichen für die Zeit danach zu stellen.

Vordergründig geht es dabei um die beste Ausgangsposition für die Neuverteilung der Macht im Lande, mittelfristig könnte es aber auch zu einer Umwandlung Thailands in eine Republik kommen, ein Szenario, mit dem die Roten (unausgesprochen) in Verbindung gebracht werden.

Thailand befindet sich in Zeiten des Wandels. Der bevorstehende Thronwechsel fällt in eine Zeit der wachsenden sozialen Ungleichheit sowie einer globalen Wirtschaftskrise.

Thailand ist traditionell eine streng hierarchische Gesellschaft. Aber diese Hierarchien funktionieren heute nicht mehr: Individualisierung, Konsumgesellschaft, Globalisierung, und nicht zuletzt die Auswirkungen der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise - der Machtanspruch des Establishments und die Schere zwischen Arm und Reich (oft vereinfacht in der Kluft zwischen Stadt und Land) wird nicht mehr widerspruchslos hingenommen. Woran es in Thailand in einer solchen Situation mangelt, sind stabile demokratische Institutionen. In der langen Zeit seit Abschaffung der absoluten Monarchie ist es Thailand noch immer nicht gelungen, eine Zivilgesellschaft auf der Basis einer stabilen demokratischen Gesellschaftsordnung zu entwickeln.

In der schon seit Jahren andauernden politischen und gesellschaftlichen Krise wird deshalb auch mit teilweise befremdlichen Mitteln um die Richtung gekämpft, die Thailand nach dem Ableben des Königs, dessen Nachfolge ungewiss ist, einschlagen soll. Wohin die Reise geht und wie die tiefe Spaltung der thailändischen Gesellschaft überwunden werden könnte, ist derzeit noch nicht zu erkennen.


Quelle: Redaktion ThaiApple




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