Nachrichtenarchiv Thailand
16.April 2004 - Burmesen "überschwemmen" noch immer den Norden ThailandsTrotz niedrigem Einkommen, ausbeuterischen Arbeitsbedingungen und ständigem Kampf sickern noch immer burmesische Migranten nach Thailand ein, um der Armut daheim zu entkommen. Ma Myint Kyi (Name geändert), 18, verliess die Schule mit 15, weil ihre Eltern sich den Schulbesuch nicht mehr leisten konnten. Weil viele ihrer Verwandten im thailändischen Grenzort Mae Sot in der nördlichen Provinz Tak arbeiteten, beschloss sie, ihre Heimat im Mon-Staat zu verlassen und es ihnen gleich zu tun. Seit drei Jahren arbeitet sie nun in einer Kleiderfabrik. Nach einem zwölf- bis zwanzigstündigen Arbeitstag schläft sie zusammen mit anderen burmesischen Arbeiterinnen in einem überfüllten Raum. Ihr Gehalt beträgt ganze 1.200 bis 1.800 Baht im Monat. Dennoch zieht sie dieses Dasein dem Leben vor, das sie in Myanmar zurückliess. "In Burma ist es noch schlechter. Es ist sehr schwer, in Yangon eine Arbeit zu finden. Hier kann ich wenigstens Fleisch essen. Fleisch ist teuer in Myanmar", sagt sie. Trotz aller Mühsal und relativ schlechter Bezahlung bringe ihr Gehalt doch ein kleines Vermögen, wenn sie es in burmesische Währung umwechsle. Sie hat sogar schon begonnen, sich für ihre Brüder und Schwestern nach Arbeitsplätzen in einer Fabrik umzusehen. Auch sie wollen in naher Zukunft nach Mae Sot kommen, weil der durchschnittliche burmesische Tageslohn von 500 Kyat (15-20 Baht) einfach nicht zum überleben reicht. Arbeiter aus Burma erhalten in Mae Sot durchschnittlich 50-80 Baht pro Tag, das ist deutlich weniger als der thailändische Mindestlohn. Laut Ma Myint Kyi rechtfertigten die Arbeitgeber das damit, dass sie ja Essen und Unterkunft zur Verfügung stellen müssten. Die Wirtschaft Myanmars hat schwer unter der Militärregierung und ihrer langjährigen Misswirtschaft gelitten. Die nach der Internierung von Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi verhängten US-Sanktionen, durch die Importe aus Myanmar blockiert und das US-Vermögen der Generäle eingefroren wurden, haben die ohnehin schon marode Wirtschaft noch weiter geschwächt. Allein in der Bekleidungsindustrie mussten mehr als hundert Fabriken schliessen. Tausende Arbeiter verloren ihren Job. Die USA waren bis dahin Burmas grüsster Absatzmarkt für Bekleidung im Wert von 350 Millionen Dollar im Jahr 2002. Mittlerweile hat die thailändische Regierung die Grenzkontrollen verstärkt und ihre Massnahmen zur Bekämpfung illegaler Arbeit und zur Verhinderung des Einwandererstroms entlang der 2.000 Kilometer langen Grenze verschärft, vor allem nach der Verhängung der US-Sanktionen. "Es wird nun mit Sicherheit noch mehr Migranten geben, die über die Grenze wollen. Die Leute können die Armut nicht mehr ertragen und müssen sich ganz einfach bessere wirtschaftliche Bedingungen suchen", sagt Direk Tachan, Chef des Arbeitsamtes der Provinz Tak. Doch es wird immer schwerer für sie, Arbeit zu finden. Die Thai Regierung hat vor kurzem eine Verordnung erlassen, die es Migranten verbietet, in Dienstleistungsbetrieben wie Restaurants oder auf Tankstellen zu arbeiten. Zudem können nun Fremdarbeiter ihre Arbeitserlaubnis nicht mehr einfach verlängern lassen, weil die Regierung die Bestimmung erlassen hat, dass eine solche nur mehr bei Vorlage des Reisepasses erteilt wird. Sie ersetzt die im Jahr 2001 eingeführte "offene Registrierung", die es Migranten erlaubte, sich die Arbeitserlaubnis aufgrund einer einfachen Eintragung abzuholen und jährlich verlängern zu lassen. Der burmesische Aktivist Moe Swe von der Yaung-Chi-Ou Workers Association mit Sitz in Mae Sot ist der jedoch Ansicht, dass diese Massnahmen den Zuzug von Migranten aus Burma keineswegs stoppen, sondern nur den Anteil der unregistrierten Migranten in die Höhe treiben werden, weil die meisten der burmesischen Arbeiter sich einfach keinen Pass leisten können. "Das kann nicht funktionieren. Ein Pass kostet in Myanmar mindestens 500.000 Kyat (15-20.000 Baht). Deswegen werden die Leute eben andere Wege finden, sie setzen über den Fluss oder schleichen durch den Wald. Es ist leicht, den Fluss zu durchqueren, vor allem im Sommer. Sie können ihn einfach durchwaten", sagt Moe Swe. Die Verstärkung des Drucks bedeute zwar, dass die Leute nun einem schärferen Eingreifen der Polizei ausgesetzt sind, sie wurden dann aber einfach höhere Bestechungsgelder an die Polizisten abliefern. "Trotz schlechter Arbeitsbedingungen - manche Arbeiterinnen werden sogar von den Vorgesetzten missbraucht - kommen täglich neue Arbeitsuchende. Sie müssen einfach weggehen, weil sie in Burma nicht überleben können", fügt er hinzu. Hier ansässige Geschäftsleute haben an die Regierung appelliert, eine klare und widerspruchsfreie Fremdarbeiter-Politik zu verfolgen. "Wir brauchen hier Migranten für Arbeiten, die Thais nicht erledigen wollen. Aber wir brauchen auch eine klare und konsistente Politik, sonst handeln wir uns Schwarzarbeit, Slums, soziale Konflikte und Umweltprobleme ein", sagt Suchart Treeratvattana, Vizepräsident der Handelskammer von Tak. In Thailand hält sich mehr als eine Million burmesischer Migranten auf, obwohl 2003 bis Oktober bereits mehr als 130.000 von ihnen deportiert wurden, im Jahr 2002 129.000. Die thailändischen Behörden geben zu, dass sie einem endlosen Kreislauf von Migration gegenüberstehen, weil die stärkere thailändische Wirtschaft ständig Fremdarbeiter über die lange, poröse Grenze lockt. "Wir versuchen, sie abzuschieben, aber sie kommen immer wieder zurück", sagt Direk. (WKyN)
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