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Nachrichtenarchiv Thailand

24. Oktober 2008

Zur aktuellen politischen Situation in Thailand - Ein europäischer Kommentar

Weder die thailändische Regierung noch das oppositionelle Bündnis "Volksallianz für Demokratie" können auf ein glaubwürdiges Konzept von Demokratie verweisen. Die amtierende Regierung (geführt von der PPP/TRT) beruft sich zwar auf ihre Legitimierung durch Wahlen, aber ihre Vertreter können nicht auf eine Parteigeschichte verweisen, die sich durch Respekt vor demokratischer Meinungsvielfalt, Achtung vor Menschen- und Minderheitenrechten sondern vielmehr durch Populismus und Korruption auszeichnet. Die Volksallianz vertritt, angesichts dieser Schwächen der Regierungspartei, die Ansicht, dass nur gebildete Leute (wie sie selbst!) zum Wohl des Volkes entscheiden könnten.

Was aus westlicher Sicht als autoritäres Weltbild einer intellektuellen und finanziellen Elite (die ihre Interessen durchsetzen will) erscheint, wird von vielen Menschen in Thailand nicht so empfunden. Tatsache ist jedenfalls, dass die Volksallianz das Prinzip "eine Person = eine Stimme" aufgeben will, weil sie mittlerweile der Meinung ist, dass die Mehrheit der "ungebildeten" Wähler der ländlichen Unterschicht, verführt durch Populismus gepaart mit "Stimmenkauf" immer wieder die Thaksin-Partei (PPP bzw. TRT) wählen werden.

Mancher fühlt sich bei der PAD an eine Art "leninistischer Avantgarde" erinnert, die eine "Volksdemokratie im Thailändischen Stil" errichten möchte. Sie glauben, dass das repräsentative System in Thailand fehlgeschlagen ist, weil die Politiker nur durch ihren Reichtum ins Parlament gekommen sind. Deshalb möchte sie die "alte Politik" durch eine "neue Politik" ersetzen. Ein Vorschlag, wie diese "neue Demokratie" aussehen könnte war etwa, dass nur mehr die Hälfte der Parlamentarier gewählt wird, die andere durch Berufsorganisationen ernannt werden sollten.

Das wäre dann also eine Art "korporativer Staat", "Bündestaat" oder "Ständestaat", bei dem das Volk willkürlich in bestimmte Gruppen eingeteilt wird, wobei der Gedanke einer Regierung mit Hilfe von gleichgestellten Bünden Erinnerungen an den europäischen Faschismus weckt.

Neben dem Haus und dem Senat solle es in Thailand künftig eine dritte Kammer des Parlaments geben, die so genannte Volksversammlung, in die sich Vertreter der dörflichen Gemeinschaften wählen lassen können. Eine neuere Idee war auch, dass ein direkt gewählter und vom König bestätigter Premierminister künftig für mehr Transparenz und weniger Korruption sorgen sollte.

Die PAD will mehr als bloß Neuwahlen, aus denen die PPP womöglich abermals als stärkste Kraft hervorgeht. Wenn das Parlament tatsächlich aufgelöst werden sollte, dann müsste aus Sicht der PAD ein Premier aus ihren Reihen an die Macht kommen, um das "System Thaksin" zu eliminieren. Bei diesem Vorhaben könnten sich insbesondere auch die Verbindungen der PAD zur Armee als sehr nützlich erweisen. Zur Zeit der Junta (2006/2007) war von Veränderungen im Wahlsystem noch keine Rede, wohl weil man nicht gedacht hatte, dass Thaksin ein ganzes System der Macht hinterlassen hat, dessen sich die Putschisten nicht entledigen konnten oder wollten, sich also das "System Thaksin" als extrem hartnäckig erwiesen hat.

Der gegenwärtige Machtkampf ist der Kampf gegen den früheren Premierminister Thaksin Shinawatra und seinen noch immer großen Einfluss in Thailand. Trotz seines Exils in England, hat er sich keineswegs aus der Politik zurückgezogen, er ist weiterhin der bestimmende Faktor. Thaksin "investiert" nach wie vor aktiv in die Politik, weil seine Zukunft davon abhängt. Ihm gegenüber stehen jene, die unbedingt seinen Einfluss brechen wollen, eben die Anhänger der Volksallianz sowie Teile der Armee.

Die Armee spielt ein doppelbödiges Spiel. Sie ließ es zu, dass die Volksallianz mit der Besetzung des Regierungssitzes so weit gehen konnte. Das wäre ohne den Schutz der Armee nicht gegangen. Wo genau aber die Gräben innerhalb der Armee verlaufen, ist jedoch nicht völlig klar. Verschiedene Fraktionen ringen dort um Einfluss und es gibt auch Pro-Regierungs-Kräfte. In Summe jedoch kooperieren die Generäle einfach nicht mit der Regierung, sondern halten still.

Die Volksallianz hat auf eine Eskalationsstrategie gesetzt um die Regierung zum Rücktritt zu zwingen. Was danach konkret kommen sollte, ist jedoch trotz aller artikulierter Ideen nicht völlig klar. Die Anhänger der Allianz eint vor allem eines: Der Hass auf Thaksin und seine Nachfolger in der jetzigen Regierung. Dass sie es seit Monaten schafft tausende Menschen zum Protest auf die Strasse zu holen und dort auch zu halten, ist wohl darauf zurückzuführen, dass sie es geschafft hat den Mythos zu schaffen, dass all das nur geschieht um den geliebten König und die Monarchie zu schützen.

Dass ein solcher Mythos geschaffen und aufrechterhalten werden konnte, ist auch auf die Macht der PAD in den Medien zurückzuführen: Sondhi Limthongkul, Medientycoon und Gegenspieler des gestürzten Premiers Thaksin, unterstützt die Antiregierungsproteste nicht nur mit einer eigenen Zeitung, sondern auch mit dem Satelliten-TV-Sender ASTV, der von Hongkong aus gegen die Regierung Somchai agitiert. Dieser Sender hat im Moment den einzigen Zweck, die Proteste in Bangkok 24 Stunden pro Tag zu übertragen und Hass auf die Regierung zu schüren. Es ist jedenfalls interessant zu sehen, wie es eine relativ kleine Bewegung schafft, durch ihre Entschlossenheit gepaart mit der Macht der Medien, diese Wirkung zu erzielen

Das politische System und die Gesellschaft in Thailand haben aber immer wieder in der Vergangenheit derartige Machtproben und auch Machtwechsel erlebt. Die jüngsten Ereignisse wären also eigentlich eine etwa alle 15 Jahre wieder auftauchende "thailändische Standardsituation", dennoch sind diesmal die Rahmenbedingungen unterschiedlich und bedrohender: Das in naher Zukunft unvermeidliche Ableben des hoch betagten Königs scheint ursächlich mit dem Machtkonflikt der letzten Jahre zu tun zu haben - zwei verschiedene Macht- und Geldeliten wollen offensichtlich ihre Ausgangspositionen für "den Tag danach" zu ihren jeweiligen Gunsten zu verändern, zu stärken bzw. einfrieren zu wollen. Diese dynastische Übergangszeit mit all den damit verbundenen Unsicherheiten und Risiken fällt zudem in eine Zeit der globalen Krise der Finanzmärkte und der Gefahr einer weltweiten Rezession.

Quelle: Redaktion




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