Adolf Bastian - Siam


Reisen in Siam im Jahre 1863 - Adolf Bastian

Fortsetzung - 5.Teil

Die Pfeiler der Halle, in der wir auf einem Teppiche beisammen saßen, waren mit Schnitzereien verziert, und zwischen der mittleren, über dem Prunksitz des Gouverneurs, waren Bänder im Viereck gezogen und Papierblätter daran gehängt mit magischen Zeichen und Quadraten, die von Priestern geweiht waren. Der Fürst war mit vieler Eleganz gekleidet und trug einen reich verzierten Gürtel mit Juwelen besetzt. Er erzählte mir, dass die alte Stadt Nakhonsavan, die in der siamesischen Geschichte eine Rolle spielt, weiter im Innern läge, wo sich noch die Spuren ihrer Wälle verfolgen ließen; die jetzige Stadt, die Quartiere auf beiden Seiten des Flusses zusammen genommen, mit Einschluss von sechs Dörfern, zähle 2400 Häuser. Hinsichtlich des Boots schien wieder einige Not, da der Gouverneur mir riet, um keinen Aufenthalt zu haben, lieber das mitgebrachte zu bewahren; doch musste es erst durch richtige Verteilung der Ladung gerade gerichtet und ausgebessert werden, da es am letzten Tage stark geleckt und viel Wasser gemacht hatte. Während des Gesprächs waren bedeckte Speiseschüsseln hereingebracht und auf einer Plattform, mit zwei Stühlen davor, angerichtet worden; der Gouverneur setzte sich auf den niedrigeren der beiden und unterstützte mich im Essen, indem er das gesottene Huhn mit seinen Händen für meinen Teller zerriss, die hart gekochten Eier öffnete und um die Erlaubnis bat, mir den gelben Dotter in den Mund stecken zu dürfen. Auch fischte er mit chinesischen Chopstic allerlei fette Bissen aus den mysteriösen Saucen und Ragouts heraus, um mir dieselben vorzulegen und geeignetster Beachtung zu empfehlen. Der Dolmetscher und Kapitän des Boots wurden unterdessen an einem anderen Tische traktiert. Nach dem Händewaschen kehrten wir zu dem Teppichsitz zurück, wo Kuchen und Früchte serviert wurden, sowie kleine Schalen mit Tee. Nachdem ich mich von dem Gouverneur, der noch dieselbe Nacht abzureisen beabsichtigte, verabschiedet hatte, traf ich auf dem Rückweg nach dem Boote ein Kloster, das ich zum Besuche des Abts betrat, aber hörte, dass er für Meditation nach den Wald gezogen sei. Einer der Mönche zeigte mir die Abschrift der Vinay auf Palmblätter in schnörkeligen Pali-Buchstaben, deren Alphabet ich niederschreiben ließ. Einige Knaben der Klosterschule fand ich in einem Zickzackbuch mit siamesischer Schrift lesen, und lernen sie überhaupt zuerst das siamesische Buchstabier- und Lesebuch, ehe sie an das Pali gehen. In dem Tempel, über dessen Tür Götterfiguren zwischen Arabesken ausgehauen waren, saß vor der großen Figur Buddha's eine andere im königlichen Schmuck, und Rahanta mit ausgestreckten Händen standen daneben. Über der Kanzel in der Tempelhalle hingen Papierstreifen, bemalt und beschrieben, von der Decke herab. Von hohen Pfeilern im eingehegten Hofe wehten ausgezackte Papierwimpel. Die meisten der kleineren Pagoden trugen hohe Spitzen. Ich verbrachte die Nacht im Boot, wohin der Gouverneur Geschenke von Eiern und Bananen voraus gesandt hatte. Am andern Morgen früh brachen wir auf, mit demselben Boot, aber neu ausgehobener Mannschaft. Niedrige Hügel zeigten sich in der Entfernung, als wir am Kloster (Vat) des Dorfes Bam-Thra anlangten. Am Ufer standen kleine Pagoden mit schlanker Turmspitze, und von hohen Pfosten, mit Vogelbildern geschmückt, wehten Flaggen aus leichtem Holz, während an anderen breite Papierstreifen flatterten. In einem Bambus-Gebäude saß auf niedrigem Podest eine Buddhafigur, und daneben führten Steintreppen zu der Kanzelhalle empor. In einem mit doppeltem Dach gedeckten Gebäude war man beschäftigt, die Wände zu bemalen, und der größte Teil der Bilder hatte schon Ausführung erhalten. Auf einer Seite sah man einen Reiter auf weißem Ross gegen ein grünes Ungeheuer ansprengen, das sich aus einem rauchenden Berge emporhob; darüber zog sich eine Linie von Göttern und Ungeheuern hin, neben einander sitzend. Auf einer andern Wand zeigte sich der Sieg Buddha's über Mara bei der Verklärung. Eine Armee von Teufeln, geführt von einen grünen Riesen auf einem ein schwert im Rüssel schwingenden Elefanten, stürmt unter einem Pfeilregen auf den in ruhiger Haltung dasitzenden Heiligen ein, unter dessen Füssen die Göttin der Erde in einer goldenen Halle umherwandelt, ihre Zöpfe auspressend. An der andern Seite sieht man dann, wie das feindliche Heer von den ausgedrückten Wassern verschlungen und von Seeungeheuern zerrissen wird. Der grüne Riese erscheint jetzt wieder, aber er sitzt mit flehentlich ausgestreckten Händen auf dem Elefanten, der demütig eine Blume im Rüssel empor hält.

Als ich, an's Boot zurückgekehrt, ein Bad nehmen wollte, wurde ich, der Alligatoren wegen davor gewarnt. Einige meiner Bootsleute waren mit dem Oberlande wohlbekannt und sie berichteten, dass die Ruinen des alten Kampleng phet ungefähr eine halbe Tagesreise von der jetzigen Stadt entfernt seien. Die Überbleibsel von einer Stadtmauer in drei Gürteln ließen sich bemerken und ebenso die Trümmer von drei großen Pagoden, sowie eine Menge kleinerer. Auch von Rahein wussten sie Mancherlei zu erzählen. Die dortige Gegend war früher ein großer See, bis das Wasser allmählich abgeflossen und zuletzt nur der Fluss übrig blieb. Die Stadt (Myang) Tak wurde dort gegründet, deren Reste sich eine Tagesreise aufwärts von dem jetzigen Rahein finden, mit Spuren der Wälle und einigen Pagoden. Die nahegelegene Stadt Xot oder Jot wurde unter der Regierung des Königs Khun Samxong berühmt. Nach der Zerstörung von Myang Tak wurde später durch die Könige von Yuthia (Ayuthia oder Siam) eine neue Stadt gegründet, an der Stelle eines Raheng oder Lahain genannten Dorfes und danach benannt. Der Eigentümer des Bootes stammte aus Rahain, und einige magische Vierecke mit Zirkeln daran auf der Kajütentür waren mit Sprüchen in Laos-Buchstaben umschrieben. Der Inhalt einer von Kampheng pet gebrachten Steininschriften, die von den verdienstlichen Werken eines im Jahre 1239 der Mahasakkharat regierenden Königs handelte, wurde mir später als Rüang-Khuam-Nai-Pen-Sila-Vat-Sadet-Myang-Kampheng-phexr bezeichnet.
[Anm: Die Transkription des Buches wird kontinuierlich fortgesetzt]




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