Das alte Thailand


Adolf Bastian - Reisen in Siam im Jahre 1863

In: Die Völker des Östlichen Asien. Studien und Reisen. Band III, Jena 1867

Der Eintritt in Siam und Reise nach der Hauptstadt

Am 15. November 1862 hatte ich auf meiner Reise von Molmein (in der englischen Provinz Pegu) nach Bangkok die birmanisch-siamesische Grenze passiert und war am folgenden Tage in Maiteta angekommen, der ersten und einzigen Ansiedlung der Siamesen in der ganzen Weite des öden Waldgebirges, das sich vom Soundwen-Flusse (Thoundwen) bis zu den Ufern des Menam erstreckt.
          Dieser siamesische Wachtposten war erst seit der englischen Besitznahme der Provinz Pegu angelegt, um dem zunehmenden Begehr nach Teakholz durch bessere B>eaufsichtigung der Wilden zu genügen. Die Siamesen waren rasch in ein freundschaftliches Verhältniss zu den Engländern getreten, die ihre alten Feinde, die Birmanen, gedemütigt hatten, und die neue Gründung erhielt deshalb den Namen Maiteta oder Freundschaft. Eine von beiden Regierungen niedergesetzte Kommission hatte die Grenzverhältnisse geregelt und den Lauf des Thoundwen-Flusses als Teilungslinie angenommen, freilich gegen den Wunsch der englischen Kaufleute, die gerne noch das andere Ufer des Thoundwen hinzugezogen hätten bis zur jenseitigen Hügelkette, damit sie allein den Holzvertrieb auf dieser Wasserstrasse besässen und so die beständigen Streitigkeiten über englisches und siamesisches Eigentum vermieden. Zur birmanischen Z eit hatte man es mit der Territorialscheidung auf dem wüsten Grenzgebiet zwischen beiden Ländern so genau nicht genommen, und die ganze Strecke von Kaukarit in Pegu bis Rahein in Birma war ziemlich herrenlos, nur gelegentlich von den Beamten des einen oder anderen Staates durchstreift, um von den in den Wäldern zerstreut lebenden Karen-Familien einen Tribut von denjenigen Gegenständen einzufordern, die gerade ihr Vermögen bilden möchten. Die Niederlassung Maiteta in diesem menschenleeren Gebirgswalde war deshalb auch eine sehr einsame. Fünf Tagereisen von den bewohnten Provinzen Siams, vom Menam entfernt und ungefähr eben so viele von dem nächsten Flecken in Burma. Der siamesische Beamte (der Schan-Min oder Edelmann, wie ihn die Burmesen nannten) stand unter dem Gouverneur von Rahein und hielt sich während der Regenzeit in dieser letzteren Stadt auf. Wenn am Ende derselben die Holzarbeiten in den Teakwäldern beginnen, begiebt er sich mit dem nötigen Train von Aufsehern, Schreibern, Soldaten, Kulis u.s.w. auf diese Station und nimmt auch mitunter die eine oder andere seiner Lieblingsfrauen mit sich, während das Gros seiner Familie in Rahein zurückbleibt. Als ich in Maiteta eintraf, war er schon seit mehreren Wochen angelangt und hatte sich in einem Bambushaus eingerichtet, das, wie alle dortiger Gegend, auf Pfählen stand, von einer Veranda bekleidet. Der weite Hof, der dasselbe umgab, war ziemlich die einzige Lichtung in diesem Waldlande, denn um die anderen Hütten des nahen Dorfes war in den angelegten Feldern und Bananenpflanzungen schon wieder eine so ranke Vegetation aufgeschossen, dass sie fast ganz davon bedeckt waren oder doch nur hie und da die Spitze eines Daches aus dem dichten Laubwuchs hervorsah. In kurzer Entfernung unterbrach der Wasserstreifen des Mailmont-Flusses die Einförmigkeit des Waldes, und war an einer Stelle, wo er über Steingerölle hinströmte, durch Fischreusen abgesteckt. So machte es mein Koch mitunter möglich, Fische zu erhalten, denn sonst sah es mager mit der Tafel aus, wenn die Jagd keinen Ersatz gab. Hühner waren nur mit der grössten Mühe aufzutreiben, und die Bananen, wenn es überhaupt solche gab, zeigten sich kaum geniessbar.

Der siamesische Beamte, der grosse Freude über meinen Besuch kundgab, konnte nicht helfen, da es bei ihm selbst karg bestellt war, doch war er sonst munter und guter Dinge. Die chinesische Karawane, die von meiner Eskorte profitiert hatte, um die Grenze zu passieren, hatte Branntwein, Tabak und andere Luxusartikel mitgebracht; damit wurde geschwelgt; und da sich in dem Gefolge des Edelmanns mehrere Laos fanden, geborene Musikanten, wie alle Angehörigen dieses Bergvolkes, so wurden Abende und Nächte in Konzerten verbracht, oft bis zum frühen Morgen, ehe ich auf meinem wieder vom Fieber heimgesuchten Lager den Schlaf gefunden. Während des Tages bildete sich eine Spielpartie, in der die Chinesen als Croupiers fungierten und durch Würfel- und andere Hazardspiele das im Kreise befindliche Geld bald in ihre Taschen zusammengescharrt hatten. Auch Moung-Lin, der unter einem erdichteten Vorwand um Auszahlung des rückständigen Gehaltes gebeten hatte, war rasch davon erleichtert, ehe ich, aufmerksam geworden, Zeit zum Einschreiten hatte.

Der Beamte nahm Anfangs Anstand, mir mein Gesuch um Elephanten für eine Reise nach Rahein zu gewähren. Bis zu der Grenzstation könne er das Vorgehen von Europäern erlauben, aber nicht weiter in's Innere hinein; der Weg, um Bangkok zu besuchen, sei zur See, nicht bei Lande vom Norden. Ausserdem wäre es in dem englischen Vertrag (geschlossen durch Sir John Bowring) abgemacht, dass Reisen in Siam für Fremde nur unter einem Pass des englischen Konsuls in Bangkok erlaubt seien. Ich suchte ihm indess zu erklären, dass die von dem englischen Gouverneur in Moulmein ausgestellten Pässe eben für den Konsul bestimmt seien, und dass ich, einmal in Rahein angelangt, nötigenfalls mit dem letzteren vorher kommunizieren könnte, ehe ich meine Reise fortsetzte, Der Edelmann fand sich in einer etwas prekären Lage, da er sich keines darüber entscheidenden Präzedenzfalles zu entsinnen wusste, und hielt es schliesslich für geratener, mich an die höhere Behörde in Rahein zu senden, um die Verantwortung los zu sein. Er versprach uns deshalb die gewünschten Elephanten und schickte auf die umliegenden Karen-Dörfer, um solche zu requirieren. Die flüchtigen Siamesen, die mich aus Birma her begleitet hatten, betrachtete er mit bedenklichen Augen und sagte ihnen bei ihrer Ankunft in Rahein ein böses Schicksal vorher, da man sogleich auf sie fahnden würde. Mir teilte er im Vertrauen mit, dass die meisten nicht nur wegen Schulden, sondern auch für schwere Verbrechen dem Arm der Gerechtigkeit verfallen wären, und warnte, sie auf einer weiteren Reise durch die Wälder mitzunehmen. Seine Absicht, sie schon gleich dort einzustecken, verhinderte ich durch eine Einsprache, überliess es aber sonst ganz meinen Schützlingen, zu handeln, wie es ihnen selbst am Ratsamsten scheinen würde. Schon beim ersten Betreten des siamesischen Gebietes war es ihnen, wie man merken konnte, unheimlich geworden. Sie zeigten sich von Tage zu Tage ängstlicher und unruhiger, bis sie, das Herüberkommen des Forstbeamten benutzend, mich um die Erlaubnis baten, zurückkehren zu dürfen, und nach dem Erlangen derselben schleunigst aufbrachen, um wieder ihr früheres Asyl in Burma aufzusuchen. Zwei der jüngeren, die nicht impliziert schienen, hätte ich gern bei mir behalten, aber sie wollten sich nicht trennen.

Im Verhältnis zu dem schwerfälligen, kurzbeinigen, schwammigen Siamesen erscheint der Birmane eher schlank und behände, wie ihm auch das in langem Busch herabhängende Haar ein verwegenes Aussehen gibt, gegenüber der bürstenförmigen Frisur, in der die Siamesen das Haar ihres breiten und dicken Kopfes zu scheren pflegen. Die Kleidung der Männer ist ziemlich ähnlich, und bei den Siamesen auch die der Frauen wenig verschieden, da die Siamesinnen das vorne offen geschlitzte Gewand der Birmaninnen nicht kennen, dagegen aber häufig das als Kleid getragene Lendentuch zwischen den Beinen hindurchknoten, wie die Männer bei der Arbeit. In diesem Kostüm ist es auf einige Entfernung oft schwer, die Geschlechter zu unterscheiden, da die Kopftracht bei beiden eine ganz gleiche ist.

Da einige der Karen-Dörfer, nach denen für Elefanten geschickt war, mehrere Tagesreisen entfernt lagen, so ging, wie sich erwarten liess, über eine Woche mit Warten verloren. Ich unterhielt mich mit meinem Edelmann, so gut es sein gebrochenes Burmesisch erlaubte, und begann schon gelegentlich einige Lektionen im Siamesischen zu nehmen bei dem alten Dolmetscher, den ich von Molmein mit mir gebracht hatte. Derselbe war seines Zeichens ein Arzt und empfahl mir die Kneteur gegen das Fieber, die auch, wie ich früher schon gefunden hatte, in manchen Fällen Erleichterung gewährt. Einige Medizin erhielt ich durch die Güte des schon in Mirawuddih getroffenen Kaufmanns, der zum Abschluss von Holzkontrakten nach der siamesischen Station herüberkam. Fast meine ganze Dienerschaft lag krank. Die Meisten von derselben waren sehr nutzlose Gesellen und mehr zur Bürde, als eine Hilfe. Ich war in den letzten Tagen in Molmein sehr beschäftigt gewesen und hatte deshalb Moung-Lin mit dem Engagieren der mitzunehmenden Leute beauftragt. Den grössten Teil verabschiedete ich bald darauf wieder, nahm aber Einen derselben auf besonders warme Empfehlung mit mir und zahlte ihm den Vorschuss seines für die dortigen Verhältnisse nicht unbedeutenden Salärs, das in Anbetracht der Reise durch den gefürchteten Dschungel erhöht war. Ich hatte in den ersten Tagen der Bootsfahrt nicht viel von ihm gesehen, fand ihn aber, sobald die Landreise begann, auf der Krankenliste, und musste mich in Kurzem mir der Überzeugung begnügen, dass mein Diener sich in einem vorgerückten Stadium tertiärer Syphilis befinde und sich nur hatte engagieren lassen, um von mir kuriert zu werden. Während unseres Campierens in den feuchten Waldungen nahmen seine Knochenschmerzen in solcher Weise zu, dass er bald nicht mehr auf den Beinen stehen konnte, und die Zahl der zu mietenden Elefanten musste für seinen Transport vermehrt werden. Mein tamulischer Koch hatte sich einen jungen Landsmann als Küchenjungen oder Pany-waller (Wasserträger) beigelegt, der sich aber gleichfalls bald den ungewohnten Strapazen nicht gewachsen zeigte. Auch unter den ansässigen Siamesen herrschten viele Krankheiten. Ich fand verschiedentlich beim Spazierengehen in der Umgegend Opfergaben, die zur Sühne des Tazeit oder Unholdes (dem Phi Pa der Siamesen) an den Eingang des dichten Waldes hingestellt waren. In einem Falle bestanden sie in einem kleinen zierlich geflochtenen Korb roter Farbe, der im Innern sorgsam mit Blättern ausgelegt war und die Lehmfiguren von Elefanten und Menschen mit zwischengestreutem Reis enthielt. Dem Dämon wurden diese edelsten Tiere und selbst Menschen als vikarierende Opfer angeboten, damit er dafür den Kranken fahren lasse [Anm: Der geflochtene rote Korb ist ein Spirit House und der Phi Pa ist der Schutzgeist der Reisfelder; der Autor hat vermutlich mehrere Beobachtungen vermischt und hatte leider zuwenig Informationen um diese frühen Beschreibung materieller Manifestationen des Spirit-Kults in Thailand richtig zu interpretieren].

Allmählich trafen die Karen mit den verlangten Elefanten ein und schlugen ausserhalb des Dorfes im Dickicht ihr Lager auf. Es waren reine Kinder des Waldes, freie und offene Gesichter, auf denen nur noch die Scheu vor all' dem Fremdartigen, das sie um sich sahen, mit völlig vertrauensvoller Hingabe kämpfte. Ohne Geräusche und Lärm verrichteten sie die ihnen obliegenden Geschäfte und sassen dann still um ihr Feuer nieder, lautlos die hölzernen Pfeifen rauchend oder sich in stillem Flüstern unterhaltend. Der siamesische Beamte schien grosse Stücke auf sie zu halten. Er wiederholte mir immer auf's Neue, dass sie die zuverlässigsten und ehrlichsten Menschen auf dem Erdboden wären, und legte mir dringend an's Herz, doch ja nicht ihr Zutrauen zu täuschen und ihnen in Rahein den vollen bedingten Lohn ohne Abkürzungen auszuzahlen. Aus seinen Reden liess sich leicht ersehen, wie häufig Bedrückungen dieses armen und verteidigungslosen Stammes vorkommen möchten. Auf seinen Wunsch, gleich die ganze Summe im Voraus zu zahlen, konnte ich, als zu sehr gegen die ersten Grundsätze der Reisepraxis verstossend, nicht eingehen, versicherte ihm aber, dass von einem Europäer keine übervorteilungen zu fürchten sein würden, wenn die engagierten Leute richtig das eingegangene Übereinkommen erfüllten. Der Mietpreis für die Elefanten war ein sehr mässiger, während man mich in Kaukarit anfangs mit dem zehnfachen Betrage hatte prellen wollen und erst nachgab, als ich Bekanntschaft mit der normalen Taxe zeigte, über die ich mich im Voraus hatte unterrichten lassen. Überhaupt tat es gut, zu beobachten, wie wohlwollend der siamesische Edelmann diese sonst vogelfreien Karen behandelte, von denen die Birmanen fast nie ohne einen Anflug von Hohn oder Verachtung reden.

Diese Grenz-Karen waren eine kleine, fast diminutive Rasse, obwohl sich das nicht als der durchgehende Grundzug des ganzen Stammes ansehen lässt, da ich unter den Karen der nördlichen Berge in Tongu auch ziemlich kolossale Gestalten bemerkt habe. Ihr an den runden Kopf angedrücktes Gesicht unterscheidet sich von dem aus dem Groben gearbeiteten des siamesischen Schädels, der gewöhnlich nach vorn überschwankt, als ob zu dick und schwer für den Nacken. Dadurch, verbunden mit den krummen und im Verhältnis zum Oberkörper kurzen Beinen, sowie den langen Armen, erhält der ganze Habitus der Siamesen etwas Affenartiges, das noch durch die weit auf die Stirn herabgehende Behaarung vermehrt wird [Anm: Diese wenig charmante Beschreibung ist jedenfalls im Kontext des damaligen Zeitgeistes und der zu dieser Zeit in Europa vorherrschenden physischen Anthropologie mit ihren Schädelvermessungen und dgl. zu sehen]. Der Ausdruck trägt das chinesisch-mongolische Gepräge, während bei den Birmanen mitunter schon die scharfgeschnittenen Linien des indischen Typus hervortreten. Die weissere Hautfarbe der Karen (wenigstens der hier besprochenen Abteilung derselben) ist wahrscheinlich ihrem steten Aufenthalte in feuchten Waldungen zuzuschreiben, wie auch die Bewohner des von üppiger Vegetation strotzenden Siam eine hellere Färbung zeigen, als die Birmanen, die besonders in den oberen Provinzen schattenlose Ebenen oder spärlich belaubte Berge bewohnen.

Am 25. November war Alles so weit in Ordnung gebracht, dass wir vier Elefanten bepacken und uns von dem freundlichen Siamesen, der uns seinen Rat und seine Segenswünsche mit auf den Weg gab; verabschieden konnten. Auf dem Halse jedes der Gepäck- oder Reit-Elefanten sass ein Karen als Cornac, der das Tier mehr durch Worte und Zeichen, als durch die Stösse seines Hammers lenkte. Wir folgten einem ziemlich breiten Pfade durch offenen Wald, anfangs eben und flach, dann wellig gehoben, bis zu der Elefantenfurt des Flusses Mailmont, wo der Übergang bewerkstelligt wurde. Am anderen Ufer veränderte sich die Szene. Ein schmaler, enger Weg, kaum breit genug für die Füsse der Elefanten, führte an dem Abhange der schroffen Flussbank auf und ab und kreuzte den in kurzen Windungen geschlängelten Strom bald nach der einen, bald nach der anderen Seite, wohl ein Dutzend mal im Laufe des Vormittags. Die Flussgänger durften die tiefe Furt, wo wir mit den Elefanten passiert hatten, nicht riskieren und brachen sich mühsam einen Weg durch den verschlungenen Wald, um unser Zurückkommen nach ihrer Uferseite zu erwarten. Sie verfehlten dabei die richtige Stelle des Zusammentreffens und konnten nur nach längerem Suchen, in dem ich selbst die zurückgelassenen Elefanten in dem Dickicht aus dem Gesicht verlor, wieder aufgefunden werden. Um ähnliche Accidente zu vermeiden, liess ich an der nächsten Kreuzungsstelle solche, die auf dem Gepäck der Elefanten keinen Platz mehr finden konnten, sich an dem Schwanze derselben festzuhalten; aber der an solche Art der Schifffahrt weniger als Siamesen und Birmanen gewöhnte Matrose wurde durch den reissenden Strom fortgerissen und war nahe daran, nicht nur die von ihm getragenen Waffen, sondern selbst sein Leben zu verlieren. Der burmesische Kuli sowohl als der Pany-waller waren völlig unfähig, sich weiter zu bewegen, und mussten für die ganze Reise einen Platz auf den Elefanten eingeräumt erhalten. So moft wir den Fluss verliessen, hatten wir steile Hügel zu erklimmen, auf denen sich Teakbäume, oft gegürtelt oder schon gefällt, fanden. Gegen Abend kehrten wir an's Ufer zurück und wateten nach einer Sandbank im Flusse hinüber, um auf derselben die Nacht zuzubringen. Die Karen bauten mir aus Bambu-Stämmen, die sie von dem Walde am Lande herüberbrachten, eine Hütte zum Schlafen und führten, nach Anzünden der Kochfeuer, die abgepackten Elefanten zum Grasen an's Ufer hinüber. Die stille Nachtruhe auf unserm rings von Wasser umrauschten Schlafplatz wurde nur durch das einförmige Geschrei der Affen unterbrochen, die wir schon am Tage alle Bäume des Waldes hatten beleben sehen.

Am nächsten Tage lag der Weg gleichfalls wieder auf beiden Seiten des Mailmont-Flusses. So dass wir mit den Hin- und Herkreuzen über denselben fortfahren mussten. Die Ufer waren mit hohem Elafantengras bewachsen; nachdem wir aber dieselben verlassen hatten, verlor sich unser Zug in eine dichte Wildnis verwachsener Bambusgebüsche, so dass die Führer selbst über den Weg zweifelhaft wurden und uns erst nach längerer Beratung zuletzt in einen offenen Wald hinausbrachten. Nachdem wir einige waldige Hügelreihen überschritten hatten, lagerten wir uns für die Nacht in der Nähe eines Creek, wo scharfe Wacht gehalten werden musste, sowohl gegen die dort zum Trinken kommenden Raubtiere, als auch gegen andere Räuberbanden. Den ganzen Tag ward, eben so wenig wie am vorigen, keine menschliche Wohnung gesehen. Die wenigen Karen-Familien, die in diesen Dschungeln zerstreut leben, bauen ihre Hütten in möglichst unzugängliche Verstecke, wo sie oft nur mit Mühe von den siamesischen Beamten gefunden werden, die einmal im Jahr ihr Gebiet durchstreifen, um die schuldige Abgabe von Honig und Wachs einzutreiben.

Wir brachen mit dem frühesten Tageslicht auf und ritten durch einen parkartig gelichteten Teakwald hin, und über die runden Hügelkuppen vorangehend, genoss ich einige weite Aussichten über ein schwellendes und wogendes Meer im frischen und glänzenden Grün unbegrenzter Wälder. Gegen Mittag zog sich ein hohes Gebirgsland, dicht und dunkel belaubt, um uns zusammen. Die Elefanten konnten an dem steilen Abhange nur dadurch festen Fuss fassen, dass sie vorsichtig in die früher eingedrückten Löcher traten. Nach noch manchem Auf und Nieder mussten sie sich durch eine enge Schlucht hindurchwinden, und dann standen wir plötzlich am Fusse eines schroff aufsteigenden Bergwalles, von dem abschüssige Felsmassen über uns herüberhingen. Es schien mir anfangs fraglich, ob sich die steile Höhe an dem Punkte überhaupt erklimmen lasse, bald aber sah ich zu meiner Verwunderung die Elefanten unbedenklich das Aufsteigen zu beginnen und hielt es für das Beste, mich hinauftragen zu lassen. Trotz seiner schweren Masse, und gerade durch dieselbe, besitzt det Elefant auf steilen Gebirgspfaden einen sehr sicheren Tritt. Besonders bergab ist es erstaunlich, die Vorsicht zu beachten, mit der er auf Hinter- und Vorderfüssen niederkauernd ein Bein nach dem anderen vorschiebt und sich so langsam herabgleiten lässt. Wir trafen dort mit einer Karawane siamesischer Kaufleute zusammen, die, ihre Waren in Körben auf dem Rücken tragend, auf der Reise nach der Grenzstation waren. Weiterhin begegneten wir einem gleichfalls zu ihnen gehörigem Zuge von Elefanten; doch war der Weg so schmal, dass an kein Ausweichen zu denken war und die entgegenkommenden umkehren mussten, um eine andere Richtung einzuschlagen. Spät am Nachmittag betraten wir eine dumpfe, feuchte Schlucht, in der wir trotz der qualmenden Miasmen (zum Schutze gegen welche Siamesen wie Karen sich Mund und Nase verbanden) die Nacht zubringen mussten, da der Ausgang derselben, den ich beim Erklimmen einer Anhöhe erst in weiter Ferne erspähte, vor Nacht nicht mehr erreicht werden konnte. Zwischen einem Felsgürtel, der uns den Rücken schützte, und dem unter uns hinströmenden Bach liess ich von den Karen die Schlafhütten errichten und dann das Abendessen bereiten. Die Elefanten wurden für den Rest des Tageslichtes im Walde losgelassen, mit Anbruch der Nacht aber, an den Füssen gefesselt, in die Nähe des Lagers gebracht.

Fortsetzung / Teil 2




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Siam/Quellen


Reisen im alten Thailand