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Die Mythe von der thailändischen Reisgöttin (IV)

reisgöttin
Die Reispflanze und der Reis werden in Südostasien traditionell als materielle Manifestation von etwas Lebendigem und Sakralem angesehen. Für die Menschen in Thailand, aber auch für jene in anderen Ländern Südostasiens, hat der Reis eine Seele. Dem Reis wohnt eine magisch-göttlich Essenz inne. Diese Reisseele ist weiblich gedacht, daher spricht man auch von der Reismutter. Sie ist aus dem Reis geboren, sie wird schwanger wenn der Reis blüht und dann gebiert sie den Reis. Es gibt eine Ursprungsmythe vom Reis bzw. der Reismutter, und von dieser Mythe gibt es eine große Zahl von lokalen Varianten (und zwar in Thailand, Laos, Kambodscha und auch in Vietnam).

Kurz gefaßt ist der Inhalt der, daß in grauer Vorzeit der Reis um ein Vielfaches größer war als er es heute ist (ein Reiskorn etwa in der Größe einer Kokosnuss). In dieser Zeit mußte der Reis auch nicht mühsam ausgepflanzt und geerntet werden - er kam von selbst in die Reisscheunen der Menschen. Eines Tages kam es jedoch zu einem Tabubruch durch eine Frau (die meist als eine Witwe dargestellt wird). Diese Frau jedenfalls zollte dem Reis nicht den gebührenden Respekt, was in der Geschichte so dargestellt wird, dass sie den Reis entweder durch Unachtsamkeit oder aus Ärger über sein zu frühes Erscheinen - entweder mit dem Fuß berührt oder mit dem Besen gestoßen hat. Der Reis zerplatzte daraufhin in tausend Stücke und die Reisseele verließ die Menschen und verschwand in die Berge. Erst nach einer sehr langen Zeit, in der die Menschen Hunger leiden mussten, gelang es den Menschen einen Fisch (eine Karpfenart) in die Berge zu schicken und die Reismutter Mae Posop wieder zu den Menschen zu bringen. Durch das Zerspringen des großen mythischen Reises ist der Reis aber heute so klein, wie er es eben heute ist. Aus dieser Zersplitterung sind auch die Knollenfrüchte und Taro entstanden, ebenso erklärt die Zersplitterung auch die vielen unterschiedlichen Reissorten, die es heute gibt. Aus einem Splitter ist auch der Schutzgeist der Reisfelder entstanden, der Ta Häk oder Phi Naa.

Reis und Fisch
Weil der Fisch den Reis zu den Menschen zurückgebracht hat, stellen die Menschen noch heute in dem abgegrenzten Bereich des Reisfeldes für den Phi Naa - eine übergroße einzelne Reispflanzenfigur auf, an der aus einer symbolischen goldenen Kette eine Fischfigur hängt. Diese Darstellung der mythischen Verbindung zwischen Fisch und Reis ist eine magische Handlung - so wie der mythische Fisch den Reis zurückgebracht hat, so soll nun auch der die Fischkonstruktion die Reisseele herbeiholen und damit guten Ertrag sichern. Im Ritual wird also das mythische Urgeschehen wiederholt. Nebenbei erwartet man sich auch - ganz praktisch - Fischreichtum in den überfluteten Reisfeldern. Und der Tabubruch in der Mythe, der zum Verschwinden des Reises geführt hat, ist eine Mahnung: auch heute noch gelten Tabus im Zusammenhang mit dem Reis, die zu beachten sind.

Fortsetzung / Teil 5




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