Rituale für die Reismutter in Thailand und Bali (VI)
Der Zeitpunkt wenn der Reis auf den Feldern zu blühen beginnt, gilt ganz allgemein als der wichtigste innerhalb der Wachstumsperiode. Die thailändische Mae Posop und ebenso die balinesische Dewi Sri gelten von nun an als schwanger. In den Feldern werden erneut kleine Altäre errichtet, auf denen man ihr Speisen opfert, nach denen sich Schwangere gelegentlich sehnen: saure Früchte, Eier, Zucker, Nüsse und Bananen.
Die Gaben für die Reismutter werden dann in einem Bambuskörbchen an einem in die Erde gesteckten Holzstab befestigt - und zwar mit einer kleinen roten Fahne - und einem aus Bambus gefertigten Schutzmandala. Dieses Objekt heißt in Thailand Talaew - eine Art "Seelenfänger". Die Frauen, die die Zeremonie durchführen singen auch Lieder mit denen die Reismutter eingeladen wird, die Gaben anzunehmen und die Ernte dieses Jahres zu segnen. Beim Verlassen des Zeremonialplatzes im Reisfeld, wird der Ritualstab noch gebeten auf Mae Posop aufzupassen und alle Schädlinge und bösen Geister abzuwehren. In Bali ist das Ritual für die schwangere Reisseele ganz ähnlich. In der Zeit der blühenden Reispflanzen hört man in Bali komplexe rhythmische, rein perkussive Musik, die sogenannten oncangan-Rhythmen die durch kleine Bambusschlitztrommeln hervorgebracht werden. Damit sollen Dämonen vertrieben werden, die die schwangere Dewi Sri bedrohen.
In der Zeit der schwangeren, blühenden Reispflanze ist jedenfalls die Gefahr, dass Schädlinge die Frucht zunichte machen so groß, dass auch der Blutdurst der bösen Geister befriedigt werden muß - und in diesem Zusammenhang lassen sich auch die Veranstaltung von Hahnenkämpfen in dieser Jahreszeit erklären. Diese existieren auch heute noch weiter (ebenso wie die oncangan-Rhythmen), den Schutz des Reises überlässt man jedoch zunehmend Pestiziden und Fungiziden.
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