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Simon de la Loubère 1688. Beschreibung des Königreichs Siam
VII. Siebentes Kapitel:
Die Getreidearten in Siam
Der Reis ist die Haupternte der Siamesen, und auch ihre beste Nahrung; er ist kühlend und nahrhaft. Ich sah, dass die Mannschaft unserer Schiffe, welche mehr als drei Monate hintereinander Reis bekommen hatte, es bedauerte, als man ihr wieder Zwieback vorsetzte, ob gleich dieser gut und wohl erhalten war.
Die Siamesen wissen durch die Erfahrung das Wasser, das Feuer und die Zeit zu bestimmen, welche der Reis braucht, um zu kochen, ohne dass ein Körnchen davon aufspringt, und so dient er ihnen zum Brot. Jedoch essen sie ihn nicht, wie wir unser Brot, zu allen andern Speisen. Wenn sie z.B. Fleisch oder Fische essen, so essen sie dieselben ohne Reis; und wenn sie Reis essen, so essen sie ihn auch besonders. Sie drücken etwas davon mit dem äußersten ihrer Finger, um ihn zu einer Art Teig zu machen, und bringen ihn sodann in den Mund. Die Chinesen fassen ihre Speisen nie anders, als mit zwei kleinen viereckigen Stäbchen an, welche ihnen statt der Gabeln dienen. Sie setzen an ihre untere Lippe eine kleine Porzellan-Tasse, worin ihre Portion Reis ist, und, indem sie dieselbige mit der linken Hand halten, ohne sich zu bücken, so streichen sie den Reis mit den zwei Stäbchen, die in der rechten Hand halten, in ihren Mund.
Die Morgenländer lassen manchmal den Reis mit Fleiß und Pfeffer kochen, wozu sie auch Safran tun, und dieses Gericht nennen sie Pilau. Das ist bei den Siamesen nicht gebräuchlich, sondern gewöhnlich kochen sie den Reis in purem Wasser, manchmal auch in Milch, wie wir an den Fasttagen getan haben.
Es wächst in Siam der Weizen in hohen Gegenden, um die Überschwemmung zu vermeiden; sie begießen ihn, wie bei uns in den Gärten die Pflanzen mit Gießkannen, oder sie leiten Regenwasser darauf hin, welches sie in noch höheren Wasserbehältnissen, als diese Äcker sind, aufbewahrt haben. Es mag nun aber die Mühe, oder der Aufwand daran schuld sein, oder dass der Reis für Privatpersonen eine hinlängliche Kost ist, so wird nur für den König Weizen eingeerntet; und das vielleicht mehr der Neugierde, als des Geschmackes wegen. Sie nennen ihn Kaou Possali; das Wort Kaou bedeutet schlechtweg Reis. Da jedoch diese Worte weder arabisch, noch türkisch, noch persisch sind, so zweifle ich an dem, was man mir gesagt hat: dass der Reis durch die Mauren nach Siam gebracht worden wäre. Die Franzosen, welche in Siam wohnen, lassen Mehl aus Surate kommen, ob es gleich nahe bei Siam eine Windmühle gibt, um Getreide zu mahlen, und eine andere bei Louvo.
Übrigens war das Brot, welches der König von Siam ausgab, so trocken, dass der in reinem Wasser gekochte Reis, so fade er auch war, mir weit besser schmeckte. Daher wundere ich mich um so weniger über das, was die Beschreibungen von China sagen: dass der Regent dieses großen Reichs, ob er gleich Brot hat, dennoch den Reis weit lieber isst. Nichts desto weniger versicherten mir Europäer, dass das Weizenbrot in Siam gut sei, und dass die Trockenheit des unsrigen von etwas wenigem Reismehl herkommen müsste, das man ohne Zweifel aus Sparsamkeit unter den Weizen gemacht habe; vielleicht auch aus Furcht, es möchte ihnen an Brot fehlen.
Ich habe in Siam andere Erbsen gesehen, als die unsrigen sind. Die Siamesen halten, wie wir, mehr als eine Art von Ernte; aber sie halten jährlich auf einem und eben demselbigen Stück Landes nur eine einzige, nicht als wenn der Boden nicht gut genug wäre, um jährlich zwei Ernten zu geben, wie man von einigen andern Gegenden in Indien sagt, wenn die Überschwemmung nicht so lange dauerte. Sie haben auch türkisches Korn, aber nur in den Gärten. Sie sieden oder braten dasselbige, und essen die ganze Ähre, ohne die Körner abzusondern.
Fortsetzung
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