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Simon de la Loubère 1688. Beschreibung des Königreichs Siam
VIII. Achtes Kapitel:
Von dem Feldbau und der Verschiedenheit der Jahreszeiten
Zum Feldbau werden sowohl Ochsen als Büffel gebraucht. Sie regieren sie mit einem durch ein Loch gezogenen Strick, welches sie durch den Knorpel machen, der die Nasenlöcher absondert; und damit der Strick nicht durchschlüpfe, wenn sie anziehen, so machen sie an die beiden Enden einen Knoten; eben dieser Strick geht auch durch ein Loch, das am Ende der Deichsel ihres Pfluges ist.
Der Pflug der Siamesen ist ganz einfach und ohne Räder. Er besteht aus einem langen Stück Holz, welches die Deichsel desselbigen ist, aus einem andern krummen Holz, womit man ihn anfassen kann, und aus einem andern kürzern und stärkern, welches an das vorige befestiget ist, und unten mit demselbigen fast zwei gerade Dreiecke macht, und dieses ist die Pflugschar. Sie verbinden diese Teile nicht mit Nägeln, sondern mit einer Art von Stricken.
Sie bedienen sich der Arbeitsochsen, um den Reis zu dreschen. Wenn er mit den Füssen zertreten ist, so lassen sie ihn nach und nach von der Höhe herabfallen, damit der Wind die Spreu fortreibe. Und weil der Reis eine harte Hülse hat, beinahe wie der Dinkel, ein in Flandern und an andern Orten sehr bekannte Getreideart, so stoßen sie ihn in einem hölzernen Mörser mit einem hölzernen Stempel, oder in einer Handmühle, deren Teile ebenfalls alle von Holz sind.
Sie kennen nur drei Jahreszeiten, den Winter, welchen sie Na-naon, den Anfang der Kälte nennen; den kleinen Sommer, der bei ihnen Na-ron, der Anfang der Hitze heißt; und den großen Sommer, der bei ihnen den Namen Na-ron-yai, der Anfang der großen Hitze hat, und der ihre Bäume der Blätter beraubt, so wie die Kälte die unsrigen entlaubt. Sie haben zwei Jahre von zwölf Monaten, und ein drittes von dreizehn.
Sie haben kein Wort, um die Woche auszudrücken; aber sie nennen sieben Tage, wie wir, nach den Planeten; es sind auch ihre Tage den unsrigen ähnlich, d.i. wenn bei ihnen Montag ist, so ist er es auch bei uns. Doch bei ihnen fängt der Tag ungefähr sechs Stunden eher an, als bei uns. Unter den Namen, welche sie den Planeten geben, heißen der Merkur Pout, ein Persisches Wort, das so viel als Götzenbild bedeutet, wo auch PoutGheda oder Pagode ein heidnischer Tempel herkommt.
Sie fangen ihr Jahr nach gewissen Regeln am ersten Tag des Monats November oder Dezember an. Sie bezeichnen die Jahre nicht immer durch ihre Anzahl, sondern durch besondere Namen, die sie ihnen geben; denn sie bedienen sich eines Zyklus von 60 Jahren, wie andere Morgenländer.
Ein Zyklus von 60 Jahren ist eine Umwälzung von 60 Jahren, so wie eine Woche eine Umwälzung von 7 Tagen ist, und sie haben Namen für die Jahre eines Zyklus, wie wir sie für die Tage der Woche haben. Es ist wahr, ich konnte nicht entdecken, dass sie mehr als zwölf verschiedene Namen hätten, die sie fünfmal in einem jeden Zyklus wiederholen, um die Zahl von 60 zu erreichen, und zwar, wie man mir sagte, durch unterscheidende Beisätze. Sie nennen daher z.B. ein Jahr das Jahr der großen Schlange, des Schweins u.s.w.
Ihre Monate werden insgemein auf 30 Tage geschätzt. Ich sage insgemein; weil nach der astronomischen Genauigkeit es von Zeit zu Zeit einige längere oder kürzere Monate geben kann. Die Siamesen geben ihren Monaten keine Namen, wie wir, sondern nennen sie nur nach ihrer Ordnung das erste, zweite, dritte Monat u.s.w.
Die zwei ersten Monate, welche ungefähr mit unserm Dezember und Jänner übereinkommen, machen den Winter in Siam aus; das dritte, vierte und fünfte gehören zum kleinen, und die sieben andern zum großen Sommer. Sie haben also den Winter zu eben der Zeit, da wir ihn haben, weil sie, wie wir, auf der nördlichen Seite der Mittagslinie wohnen; allein ihr größter Winter ist wenigstens so heiß, als unser Sommer. Außer der Zeit der Überschwemmung bedecken sie immer die Pflanzen in ihren Gärten wegen der Sonnenhitze, so wie wir die unsrigen manchmal wegen der kalten Nächte oder des Winters zudecken. Was aber ihre Personen anbetrifft, so macht die Verminderung der Hitze ihnen die Kälte sehr beschwerlich. Der kleine Sommer ist ihr Frühling; vom Herbst wissen sie gar nichts. Sie sind mit einem großen Sommer zufrieden, ob es gleich scheint, dass man nach Art der Alten zwei zählen könnte, welche von Indien geschrieben haben, weil sie zweimal im Jahr die Sonne im Scheitelpunkt haben; einmal, wenn sie von der Mittagslinie in den Wendezirkel des Krebses kommt, und das andere mal, wenn sie aus diesem Wendezirkel in die Linie zurück kehrt.
Ihr Winter ist trocken, und ihr Sommer regnerisch. Die heiße Zone wäre ohne Zweifel unbewohnbar, wie die Alten glaubten, ohne diese wunderbare Veranstaltung der Vorsehung, welche gemacht hat, dass die Sonne daselbst immer Wolken und Regen zusammen zieht, und der Wind unaufhörlich von einem der Pole herweht, wenn sie sich wendet. So regieren in Siam im Winter immer Nordwinde, und temperieren die Luft bis zu einer empfindlichen Kühle. Im Sommer aber, wenn die Sonne auf der Nordseite der Linie und im Scheitelpunkt der Siamesen steht, bringen die Mittagswinde, welche daselbst beständig wehen, unaufhörliche Regen, oder machen wenigstens, dass die Zeit daselbst immer zum Regnen geneigt ist, welches auf die Gedanken bringen sollte, ob man nicht diese Regenzeit schicklicher Winter nennen sollte. Das ist eine unveränderliche Regel für die Winde, welche die Portugiesen Moncaos und wir Moussons nennen. Sie verursacht aber auch, dass die Schiffe fast sechs Monate lang wegen der Nordwinde nicht in Siam landen können, und dass sie fast eben so lange wegen der Mittagswinde aus diesem Land nicht wegsegeln können.
Die Siamesen geben ihren Feldern keine schöne äußerliche Gestalt. Wenn sie durch den Regen genug erweicht sind, so pflügen und besäen sie dieselbigen, und wenn das Wasser sich wieder verlaufen hat, so halten sie ihre Ernte, zuweilen aber, wenn das Wasser noch auf den Feldern steht, und sie sich noch der Kähne bedienen müssen. Jedes überschwemmte Land ist gut zum Reisbau, und man sagt, dass die Ähre immer aus dem Wasser hervorragt, dass, wenn das Wasser in vier und zwanzig Stunden einen Fuß hoch anwächst, auch der Reis in vier und zwanzig Stunden eben so hoch wachse. Ob man mir aber gleich versicherte, dass dieses bisweilen geschehe, so kann ich es doch kaum glauben; es ist mir vielmehr wahrscheinlich, dass, wenn die überschwemmung manchmal an gewissen Orten den Reis übersteigt, sie ihn verdirbt.
[Anm: Die Transkription des Buches wird fortgesetzt!]
Auszüge
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