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Simon de la Loubère 1688. Beschreibung des Königreichs Siam
IV. Viertes Kapitel:
Von den Landesprodukten von Siam
Das Land von Siam ist fast unangebaut, und mit Waldungen bedeckt. Einer von den berühmtesten Produkten des Pflanzenreichs ist eine Art von Schilf, welches auf indianisch Mambou, auf portugiesisch Bambou und auf siamesisch Mai pai heißt. Die Indianer machen einen vielfachen Gebrauch davon. Elien berichtet, dass es eines ihrer ältesten Nahrungsmittel sei. Heutzutage aber nähren sie sich nicht mehr davon, aber sie unterlassen doch nicht, es unter einige ihrer Speisen zu mischen, wenn es noch zart ist, und um es aufzubewahren, legen sie es in Essig, wie wir unsere Kukumern. Dieses Gewächs scheint anfänglich einem Pappelbaum ähnlich zu sein, es ist gerade und hoch; die Blätter aber daran sind wenig, blass und etwas länglich. Dieser Baum ist hohl und wird durch Ableger fortgepflanzt. Die Sprossen sind durch Knoten voneinander abgesondert; aber der Baum hat Äste, die spitzig sind. Es wächst sehr nahe aneinander, die Wurzeln treiben mehrere Stämme, so dass nichts dicker und nichts schwerer zu durchdringen ist, als ein Bambou-Wald. Übrigens ist das Holz hart und schwer abzuschneiden, ob es sich gleich ganz leicht spalten lässt. Die Siamesen bringen durch das Reiben desselbigen Feuer hervor, welches ein Zeichen von seiner Härte ist. Sie nehmen zwei Stücke gespaltenen Bambou, die besonders zugeschnitten sind, und reiben sie an einander, und, ohne dass sich der Bambou entzündet, oder Funken gibt, fangen einige trockene Blätter oder andere entzündbare Materialien, die man an die Kerbe legt, Feuer. Es gibt keine Art der Pappeln, welche nicht einen mehr oder weniger zuckersüßen Saft haben sollte. Der von dem Bambou ist in einigen Gegenden als ein Hilfsmittel gegen verschiedene Zufälle berühmt. Es ist meiner Aufmerksamkeit entgangen, mich zu erkundigen, ob der süße Saft des Bambou in Siam aus dieser Ursache eben so gesucht ist, als der von dem Bambou in Malacca, welches nicht weit davon liegt.
Die Siamesen sagen, dass sie auch denjenigen Baum in ihrem Lande haben, welchen die Portugiesen Arvore de Raiz, sie aber Co pai nennen; dass er aber nicht in großer Anzahl vorhanden wäre. Sie setzen hinzu, dass sein Holz die Eigenschaft habe, vermutlich wegen seines Geruchs, wenn man es in die Betten legt, die Insekten zu vertreiben. Dieser Baum ist in den indianischen Reisebeschreibungen oft beschrieben; einigeÄste hängen, wie Fäden, auf die Erde herab, wurzeln dort ein, und werden zu neuen Baumstämmen, so dass dieser Baum in kurzer Zeit ein beträchtliches Terrain einnimmt, auf dem sich eine Art von Labyrinth bildet, das sich immer vergrößert. Da wir sahen, dass die Siamesen noch andere Hilfsmittel gegen die stechenden Insekten suchten, so vermuteten wir, dass dieser Baum entweder sehr selten ist, oder dass die Eigenschaft, welche man ihm beilegt, nicht ganz wahr sei.
Allein die Siamesen haben andere der nützlichsten Bäume im Überfluß. Von dem einen sammeln sie Baumwolle; ein anderer liefert ihnen den Capoc, eine Art von sehr feiner Wolle, die aber so kurz ist, dass man sie nicht spinnen kann, welche ihnen aber statt der Pflaumfedern dient.
Aus gewissen Bäumen ziehen sie verschiedene Öle, welche sie mit einer Art von Erde vermischen. Eine damit überzogene Mauer ist so weiß und so glänzend, als wenn sie von Marmor wäre. Eine Art von Bäumen, die in ihren Wäldern sehr gemein ist, wirft ein Gummi aus, das den Hauptteil des schönen Lacks ausmacht, den wir an verschiedenen Japanischen und Chinesischen Kunstwerken sehen. Die Portugiesen nennen dieses Gummi Cheyram, welches vielleicht von dem Wort Cheyro abstammt, das ein Perfüm anzeigt, ob gleich dieses Gummi gar keinen Geruch an sich hat. Die Siamesen wissen aber nicht recht damit umzugehen. Ich sah zu Siam einen Tonquinesischen Künstler von dieser Art; aber er verfertigte auch nichts vortreffliches, vielleicht aus Mangel eines gewissen Öls, das man mit dem Cheyram vermischen muss, und das er, so gut er konnte, durch ein anderes ersetzte. Ich hätte ihn mit nach Frankreich genommen, wenn er beherzt genug gewesen wäre, über das Meer zu schiffen, wie er mit anfänglich versprochen hatte. Die Nachrichten aus China sagen auch, dass es dort zwei verschiedene Materien des Lacks gibt, wovon die eine weit besser als die andere ist. Man probiert den Cheyram, wenn man einen Tropfen davon ins Wasser fallen lässt; wenn dieser Tropfen ohne sich zu zerteilen auf den Boden fällt, so ist er gut.
Die Siamesen machen Papier aus alten Lumpen vom Cotton, sie nehmen auch die Rinde eines Baumes, der Ton coe heißt, dazu, welche sie, wie die alten Lumpen, klein stoßen; aber dieses Papier ist weniger glatt, stark und weiß, als das unsrige. Die Siamesen schreiben mit chinesischer Tinte darauf. Öfters aber färben sie es schwarz, wodurch es einfärbiger und dicker wird, und alsdann beschreiben sie es mit einer Art von Kreide, welche nichts, als eine an der Sonne getrocknete Tonerde ist. Ihre Bücher sind nicht gebunden, und bestehen nur aus einem einzigen großen Bogen, welchen sie nicht zusammen rollen, wie es die Römer machten; sondern sie falten dasselbige bald auf diese, bald auf jene Seite zusammen, wie man eine spanische Wand zusammen legt. Ausserdem schreiben sie mit einem Griffel auf eine Art von Palmblättern; den Baum, von dem sie genommen sind, nennen sie Tan, und die Blätter Bailan. Sie schneiden sie viereckig, und auf diese Art von Täfelchen sind die Fabeln und Gebete geschrieben, welche die Talapoins in ihren Tempeln absingen.
Die Siamesen haben auch Bäume, welche zur Erbauung der Schiffe und zur Bemastung derselbigen tauglich sind. Weil sie aber keinen Hanf haben, so ist ihr Tauwerk aus Fasern der Kokosnüsse gemacht, und ihre Segel sind Matten von großen Binsen. Dieses Tauwerk kommt freilich dem unsrigen nicht gleich; aber ihre Segel haben diesen Vorteil, dass sie sich leichter in der Höhe halten, und dass sie den Wind besser aufhalten, wenn er nahe ist.
Endlich haben die Siamesen auch Holz, das zum Häuserbau, zur Schreinerarbeit und zur Bildhauerei tauglich ist. Sie haben ein leichtes und ein sehr schweres, das leicht zu spalten ist, und ein anderes, welches sich gar nicht spaltet; man mag noch so viele Nägel oder Keile hinein schlagen. Dieses letztere nennen die Europäer Marienholz, und es ist besser, als irgend ein anderes, um gebogene Sparren zum Schiffsbau daraus zu machen. Ein anderes, welches hart und schwer ist, nennt man Eisenholz, und ist auf unseren westindischen Inseln bekannt genug, und von dem man sagt, dass es mit der Zeit das Eisen verzehre. Sie haben auch ein Holz, das man wegen seiner Leichtigkeit und seiner Farbe für Tannenholz halten sollte; aber es verträgt den Meißel des Bildhauers auf allerlei Art, ohne sich zu spalten; und ich zweifle, dass wir in Europa ein ähnliches haben.
Vor allem aber haben die Siamesen so hohe und so gerade gewachsene Bäume, dass ein einziger hinreicht, um ein Fahrzeug oder Balon, wie die Portugiesen sagen, von 16 bis 20 Klaftern daraus zu machen. Sie höhlen den Baum aus, und hernach machen sie den inwendigen Raum durch das Feuer größer. Hernach erhöhen sie die Seiten desselbigen durch Bretter von gleicher Länge, und endlich setzen sie an die zwei äußersten Spitzen ein sehr hohes Vorder- und Hinterteil, die ein wenig auswärts gebogen sind. Sie sind mit Bildhauerei und Vergoldung geziert, auch mit Perlmutter eingelegt.
Unterdessen haben sie doch, bei diesen verschiedenen Arten von Hölzern, keine solche, welche wir in Europa kennen.
Sie können keine Maulbeerbäume aufbringen, und daher haben sie auch keine Seidenwürmer. Auch Lein wächst weder bei ihnen, noch an einem andern Ort in Indien, wenigstens macht man sich nichts aus demselbigen. Baumwolle, welche sie im Überflusse haben, ist ihnen, wie sie sagen, lieber und gesünder, weil der Baumwollenzeug nicht sobald, wenn er von Schweiß benetzt wird, erkältet, und daher keine Erkältungen dem Menschen zuzieht, wie das leinene Tuch.
Sie haben Zimt, das zwar schlechter ist, als das von der Insel Ceylon, aber doch besser als jedes andere. Sie haben auch Farbhölzer und Aloeholz, das aber in der Tat nicht so gut ist, als das Calamba aus Cochinchine, aber doch besser, als das Aloenholz aller andern Länder. Dieses Holz findet sich nur in Stücken, indem es nur gewisse verdorbene Teile an Bäumen von einer gewissen Art sind. Es ist daher eine beschwerliche Arbeit, solche Bäume in den Wäldern aufzusuchen. Sonst war es zu Paris sehr teuer, jetzt aber ist es viel wohlfeiler.
Fortsetzung
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