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Simon de la Loubère 1688. Beschreibung des Königreichs Siam

II.  Zweites Kapitel:
Fortgesetzte geographische Beschreibung des Königreichs Siam, besonders von der Hauptstadt desselbigen

An den Grenzen von Pegu liegt die Stadt Cambory, und an den von Laos die Stadt Corazema, welche einige Carissima nennen; beide sind berühmt. Und zwischen den Flüssen über der Stadt Laconcevan sind zwei andere beträchtliche Städte, Sokotai fast gegen Pitchit über, und Sanquelouc weiter gegen Norden. Da ein so warmes Land nur an den Ufern bewohnt werden kann, so haben die Siamesen sehr viele Kanäle gegraben.
          Vermittelst dieser Kanäle, welche auf siamesisch Cloum heissen, ist die Stadt Siam nicht nur eine Insel worden, sondern liegt auch in der Mitte vieler Inseln, welches ihre Lage sehr sonderbar macht. Gegenwärtig ist die Insel, worauf sie liege, ganz mit Mauern umgeben, welches wahrscheinlich zu den Zeiten des Fernando Mendez Pinto nicht war, wenn man anderst seinem schwachen Gedächtnis trauen darf, indem er sagt: dass die Elefanten des Königs von Pegu, der damals die Stadt Siam belagerte, sich der Mauer so sehr näherten, dass sie mit ihren Rüsseln die Schilder zerschlugen, womit sich die Siamesen bedeckten
          Die Höhe dieser Stadt ist nach dem Jesuiten P. Thomas 14 Grad, 12 Minuten und ihre Länge 120 Grad 30 Minuten. Der Palast des Königs steht auf der Nordseite an dem Kanal, welcher die Stadt umgiebt. Sie ist groß in Ansehung des Umfangs der Mauern, welche, wie ich schon gesagt habe, die ganze Insel einschließen; aber es ist kaum der sechste Teil in derselben bewohnt, und dieser liegt gegen Südwesten. Das Übrige ist leer, oder ist nur mit Tempeln bebaut. Es ist wahr, dass die Vorstädte, welche von den Fremden bewohnt werden, die Volkszahl beträchtlich vermehren. Die Strassen sind breit und gerade, und an einigen Orten mit Bäumen besetzt und mit Backsteinen gepflastert. Die Häuser sind niedrig und von Holz, wenigstens die Häuser der Eingeborenen, welche deswegen allen Unbequemlichkeiten einer großen Hitze ausgesetzt sind. Die meisten Strassen sind von geraden Kanälen bespült, welche der Stadt Siam eine Ähnlichkeit mit Venedig geben, und über die sehr viele kleine, schlecht zusammengesetzte hölzerne Brücken, und auch einige sehr hohe und plumpe von Backsteinen gemauerte gehen. Der Name Siam ist den Siamesen unbekannt. Es ist dieses eines von den Worten, deren die Portugiesen in Indien sich bedienen, und deren Ursprung man kaum entdecken kann. Sie gebrauchen ihn als den Namen der Nation, und nicht als den Namen des Reiches, und die Namen Pegu, Lao, Mogul, und die meisten Namen, welche wir den indianischen Reichen geben, sind auch Namen der Nationen, so dass, wenn man recht reden wollte, sagen müsste, der König der Pegus, der Laos, der Mogols, der Siams, wie unsere Vorfahren sagten, der König der Franzosen. Übrigens wissen diejenigen, welche Portugiesisch verstehen, gar wohl, dass nach ihrer Orthographie Siam und Siao einerlei ist, und dass wir in Vergleichung unserer Sprache mit der unsrigen sagen müssten, die Sions und nicht die Siams, so wie sie dieselbigen auf lateinisch auch Siones nennen.
          Die Siamesen haben sich den Namen Tai gegeben, das ist "die Freien", welche Bedeutung dieses Wort gegenwärtig in ihrer Sprache hat. Sie schmeicheln sich also den Namen der Franken zu tragen, welchen unsere Vorfahren annahmen, da sie die Gallier von der Herrschaft der Römer befreien wollte. Diejenigen, welche die Sprache von Pegu verstehen, versichern, dass Siam in dieser Sprache "frei" heiße. Vielleicht haben die Portugiesen dieses Wirt daher genommen, da sie die Siamesen durch die Peguaner haben kennen lernen. Nichts desto weniger sagt Navarette in seiner historischen Nachricht von dem Chinesischen Reiche, dass der Name Siam, welchen er Sian schreibt, von den zwei Worten Sien Lo herkomme, ohne hinzuzusetzen, was diese Worte bedeuten, noch zu welcher Sprache sie gehören, ob man gleich vermuten kann, dass er sie für chinesische hält. Meuang Tai ist also der siamesische Name des Königreichs Siam (Denn Meuang bedeutet Königreich, und dieses Wort, Muantay geschrieben, findet sich bei dem Vincent Blanc, und in mehreren geographischen Karten, als der Name eines mit Pegu benachbarten Königreiches.) Was die Stadt Siam anbetrifft, so nennen sie die Siamesen si-no-thi-ja; das "o" in der Silbe "jo" wird noch stärker ausgesprochen, als unser Diphtong "ou". Manchmal nennen sie dieselbige auch Crung-the-papra-maha-nacon; aber die meisten dieser Worte sind schwer zu verstehen, weil sie in die Sprache Balie [Pali] gehören, welches die gelehrte Sprache der Siamesen ist, und die sie oft selbst nicht immer gut verstehen. Ich habe schon oben bemerkt, dass der Ausdruck Pra ein Wort, das Ehrfurcht bezeichnet, ist; Maha bedeutet "groß"; wenn sie daher von ihrem Könige reden, so nennen sie ihn: Pra-Maha-Craßat. Das letzte Wort heißt so viel als "der Lebende". Weil aber die Portugiesen glaubten, dass Pra so viel, als "Gott" heiße, so kamen sie auf den Gedanken, dass die Siamesen ihren König den "großen lebendigen Gott" nennen. Aus Si-yo-Thi-ya, den siamesischen Namen der Stadt Siam haben die Ausländer Judia und Odiaa gemacht, daher Vincent de le Blanc und andere Schriftsteller unrichtig einen Unterschied zwischen Odiaa und Siam machen. Übrigens nennen sich die Siamesen, von denen ich rede, Tai noe, "kleine Siamesen". Man hat mir gesagt, dass es noch ein anderes wildes Volk gebe, das sich Tai yai, die "großen Siamesen" nennt, und die in den nördlichen Gebirgen wohnen. Ich fand in mehreren Nachrichten von diesen Gegenden ein Königreich Siammon oder Siami; aber darin sind nicht alle einig, dass die Bewohner desselbigen Wilde wären.
          Endlich werden die Gebirge, welche die gemeinschaftlichen Grenzen von Ava, Pegu und Siam ausmachen, nach und nach, so wie sie gegen Süden hinlaufen, immer niedriger, und bilden die Indische Halbinsel jenseits des Ganges, die sich bei Sincapura endigt, den Meerbusen von Bengalen und den von Siam voneinander scheidet, und mit der Insel Sumatra die berühmte Strasse von Malace oder Sincapura bildet. Mehrere Flüsse fallen von beiden Seiten dieser Gebirge in die Meerbusen von Siam und Bengalen, und machen die Küsten bewohnbar. Die anderen Gebirge, welche sich zwischen dem Königreich Siam und dem Königreich Laos erheben, laufen auch gegen Süden hin, werden auch nach und nach niedriger und endigen sich mit dem Vorgebirge Camboya, welches unter allen Vorgebirgen des festen Landes vom mittäglichen Asien am weitesten gegen Morgen [Osten] liegt. Auf der Höhe dieses Vorgebirges fängt der Meerbusen von Siam an; das Königreich dieses Namens aber erstreckt sich weiter gegen Mittag, und zwar liegt es in der Gestalt eines Hufeisens auf den beiden Seiten des Meerbusens, und zwar auf der östlichen Seite bis an den Fluss Cantebon, wo das Königreich Camboja angrenzt, und gegen über auf der Halbinsel diesseits des Ganges geht es bis Queda und Patane und malaische Länder, deren Hauptstadt sonst Malaca war.
          Auf diese Weise hat es eine Küste von ungefähr 200 französischen Meilen an dem Meerbusen von Siam, und ungefähr 180 an den bengalischen Meerbusen. Eine sehr vorteilhafte Lage, welche den Landeseinwohnern die Schiffahrt auf allen diesen großen Meeren des Morgenlandes eröffnet. So wie ausserdem die Natur der Küste von Koromandel, welche auf der westlichen Seite des bengalischen Meerbusens liegt, alle Arten von Häfen und Rheden versagt hat: so hat sie damit die an eben diesen Meerbusen gegen über liegende Küste von Siam bereichert.
          Eine große Menge von Inseln bedecken sie, und machen sie fast überall zu einem sicheren Zufluchtsort für die Schiffe. Ausserdem hat der größte Teil dieser Inseln sehr gute Häfen, auch süßes Wasser und Holz im Überfluss, welches neue Bewohner auf sie hinlockt. Der König von Siam maßt sich die Herrschaft über dieselbigen an, ob gleich seine Völker des festen Landes sie niemals bewohnt haben, und seine Seemacht zu schwach ist, um den fremden den Zutritt zu denselbigen zu versagen.
          Die Stadt Mergui liegt an der nordwestlichen Spitze einer großen und bevölkerten Insel, welche von der Mündung eines schönen Flusses, den die Europäer Tenasserim nennen, gebildet wird. Dieser Fluss kommt von Norden her, und, nachdem er die Reiche Ava und Pegu durchflossen hat, so kommt er in die unter die Herrschaft des Königs von Siam gehörige Länder, ergießt sich mit drei Armen in den bengalischen Meerbusen, und bildet die gedachte Insel. Der Hafen von Mergui soll der schönste in ganz Indien sein, und liegt zwischen dieser und einer anderen unbewohnten Insel.


Fortsetzung




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