siam das alte thailand


Simon de la Loubère 1688. Beschreibung des Königreichs Siam

VI.  Sechstes Kapitel:
Von den angebauten Ländern und ihrer Fruchtbarkeit

Von den angebauten Ländern und ihrer Fruchtbarkeit Der Erdboden ist gar nicht steinig, und kaum findet man einen Kieselstein, welches mich auf den Gedanken bringt, dass es mit dem Lande Siam eben so gegangen ist, wie es mit Ägypten gegangen sein soll, und dass es sich nach und nach aus der tonartigen Erde, welche die Regengewässer von den Gebirgen herab spielten, gebildet habe. Vor der Mündung des Menam ist eine große schlammige Bank, welche man nach dem Schiffsausdruck eine Barre nennt, und welche die Einfahrt großer Schiffe verhindert. Es ist wahrscheinlich, dass sie sich nach und nach vermehren, und mit der Zeit dem festen Land ein neues Ufer geben wird.
          Dieser von den Gebirgen herabgekommene Schlamm ist also die wahre Ursache von der Fruchtbarkeit des Landes Siam, vorzüglich da, wohin sich die Überschwemmung erstreckt; denn übrigens, und besonders in hohen Gegenden, ist alles kurz nach der Regenzeit trocken und von der Sonne verbrannt. Unter der heißen Zone, und selbst in Spanien, dessen Klima gemäßigter ist, wenn die Länder von Natur fruchtbar sind, (wie z.B. zwischen Murcia und Karthagena, wo der Same manchmal hundertfältige Frucht trägt) sind die Ländereien ausserdem der Trockenheit, den Insekten und andern Unbequemlichkeiten so sehr unterworfen, dass sie oft der Ernte mehrere Jahre hinter einander beraubt werden. Und dies ist das Schicksal aller Länder in Indien, welche nicht überschwemmt werden, und die auch außer der Unfruchtbarkeit an darauf folgenden ansteckenden und pestartigen Krankheiten leiden. Allein die jährliche Überschwemmung gibt dem Lande Siam eine sichere und überflüssige Reisernte, und macht dieses Königreich zur Ernährerin mehrerer andern.
          Außer dass die Überschwemmung die Ländereien düngt, tötet sie auch die Insekten; ob sie gleich noch viele davon übrig lässt, welche äußerst beschwerlich sind. Die Natur lehrt alle Tiere in Siam der Überschwemmung zu entgehen. Diejenigen Vögel, welche in unsern Ländern nicht an hohen Orten aufsitzen, wie z.B. die Rebhühner, tun es in Siam. Die klugen Ameisen machen hier ihre Nester und Vorratskammern auf die Bäume. Es gibt hier auch weiße Ameisen, die unter andern Zerstörungen, welche sie anrichten, die Bücher zerfressen. Die Missionare sind genötigt, um die ihrigen zu erhalten, sie auf dem Einband und auf dem Schnitt mit etwas Cheyram oder Lack zu überziehen, welches aber doch nicht hindert, sie aufzumachen. Bei dieser gebrauchten Vorsicht werden sie von den Ameisen nicht mehr angefressen, und sie vermehrt auch die Schönheit der Bücher; denn da dieser Lack mit nichts vermischt ist, das ihm eine Farbe geben könnte, so werden sie dadurch so glänzend, als wenn sie mit Glas bedeckt wären. Es wäre keine so teure oder zu schwere Probe, wenn man versuchen wollte, ob nicht dieser Cheyram auch das Holz unserer Betten gegen die Wanzen schützen möchte. Das ist der nämliche Cheyram, der, wenn er auf Gaze gegossen wird, macht, dass sie hornartig aussieht. Man pflegt große Laternen damit zu überziehen, von denen man glauben sollte, dass sie aus einem einzigen Stück Horn verfertigt wären. Auch die kleinen rotlackierten Tassen, die aus Japan kommen, und über deren Leichtigkeit man erstaunt, sind von einem doppelt zusammengelegten Tuch, dem man die Gestalt einer Tasse gegeben, und mit diesen rotgefärbten Lack überzogen hat. Diese Tassen dauern aber nicht lang, wenn man allzu heiße Flüssigkeiten hinein gießt.
          Um auf die Insekten zurück zu kommen, von welchen wir bei Gelegenheit zu reden angefangen haben, so sind die Stechmücken (Marinjouis) von eben der Natur, wie die unsrigen; aber die Hitze des Klima gibt ihnen so viel Stärke, dass auch lederne Strümpfe die Beine gegen den Stich derselbigen nicht sichern.
          Der Tausendfuß ist in Siam, wie auf den amerikanischen Inseln bekannt. Man gibt diesem Insekt diesen Namen, weil er längst seines Körpers eine große Anzahl von Füßen hat, die im Verhältnis zu seiner Länge, die 5 bis 6 Zoll beträgt, sehr kurz sind. Was das sonderbarste ist, (außer den ringförmigen Schuppen, welche den Körper bedecken, und die bei seinen Bewegungen ineinander eingreifen) ist, dass er zugleich mit seinem Kopf und mit seinem Schwanze beißt; aber diese Bisse sind nicht tödlich, ob gleich schmerzhaft. Einer von den Franzosen, die mit uns nach Siam kamen, und den wir daselbst zurück ließen, ließ sich in seinem Bette von einem solchen Insekt eine Viertelstunde lang beißen, ohne es zu wagen, seine eigene Hand sich zur Hilfe auszustrecken; er rief bloß um Hilfe. Die Siamesen sagen, dass diese Tausendfüße zwei Köpfe an den zwei Enden ihres Körpers hätten, und dass sie des Jahres 6 Monate mit dem einen, und 6 Monate mit dem andern vorwärts gehen.
          Allein in der Naturgeschichte ist ihnen wenig zu glauben. Sie haben eine Neigung zum Wunderbaren. Je unwahrscheinlicher dieses ist, desto leichter glauben sie es. Was sie von einer Art der Eidechsen, die sie Tocquay nennen, sagen, ist ein Beweis von ihrer Unwissenheit und Leichtgläubigkeit. Sie bilden sich ein, dass dieses Tier, wenn es fühlt, dass seine Leber übermäßig anwachse, ein Geschrei mache, dass ihm den Namen Tocquay gegeben hat, um ein anderes Insekt zu Hilfe zu rufen, und dass dieses andere Insekt ihm durch das Maul in den Leib hinein krieche, um das Überflüssige der Leber wegfresse. Nach dieser Mahlzeit kehre es wieder auf eben dem Weg aus dem Leibe des Tocquay wieder zurück.
          Die Laternenträger haben, so wie die Käfer vier Flügel, welche im Fluge sichtbar sind; wenn sie aber in Ruhe sind, so werden die zwei kleineren von den größeren bedeckt. Wir sahen nicht viele dieser Tiere, weil die Regenzeit vorbei war, als wir ans Land stiegen. Die Nordwinde, welche anfangen, wenn die Regen aufhören, töten sie entweder, oder führen sie alle mit sich fort. Sie haben zwar einiges Feuer in den Augen; aber ihr größter Glanz kommt unter ihren Flügeln hervor, und schimmert nur in der Luft, wenn die Flügel entfaltet sind. Es ist daher nicht wahr, was man sagt, dass man sich in der Nacht derselben statt der Lichter bedienen könnte; denn wie könnte man sie immer so im Fluge erhalten, dass sie gerade diejenigen Gegenstände erleuchteten, die man erleuchtet haben wollte? Doch genug von den Insekten in Siam. Sie würden demjenigen Stoff zu einem großen Buche geben, der sie alle genau kennte. Ich will nur bloß anmerken, dass es nicht nur in dem Fluss und in dem Meerbusen, sondern auch auf dem Lande sehr gefährliche gibt, welche verursachen, dass sich reiche Leute nur in Vergitterungen von Bambou baden.


Fortsetzung




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