Simon de la Loubère 1688. Beschreibung des Königreichs Siam
Die Siamesen trinken Tee zum Vergnügen; wenn ich aber die Siamesen sage, so verstehe ich nur die Einwohner der Stadt Siam darunter, denn in allen anderen Gegenden des Reichs ist der Gebrauch des Tees unbekannt. Aber zu Siam ist er ganz zur Mode geworden, und es ist eine notwendige Höflichkeit, denjenigen Tee vorzusetzen, welche einen Besuch machen. Sie nennen ihn "Tcha", wie die Chinesen ... Sie bereiten den Tee auf folgende Art zu: Sie haben kupferne, inwendig verzinnte Häfen, in welchen sie das Wasser sieden lassen, welches sehr geschwind geschieht, da das Kupfer sehr dünn ist. Man nennt diese Töpfe Boulis. Sie haben auch Töpfe von roter Erde, welche aussen ohne Glasur, und ohne Geschmack sind. Sie spülen zuerst diese irdene Töpfe mit siedendem Wasser aus, um sie zu erhitzen, dann werfen sie soviel Tee, als man mit zwei Fingern fassen kann, hinein, und endlich giessen sie siedendes Wasser daran. Wenn der Tee aufgelöst genug ist, d.h. wenn die Blätter auf den Boden sinken, dann giessen sie ihn in pozellaine Tassen, weche sie aber anfangs nur halb voll machen, damit, wenn er ihnen zu stark oder zu schwach zu sein scheint, sie ihn mit reinem Wasser temperieren können, welches sie immer siedend in einem kupfernen Kessel dabei haben. Sie wefen keinen Zucker in die Tassen, sondern sie nehmen ein Stückchen davon in den Mund, in welches sie etwas hinein beissen, wenn sie den Tee trinken. Wenn sie keinen Tee mehr trinken wollen, so stürzen sie die obere Tasse auf die untere um; denn es ist bei ihnen die grösste Unhöflichkeit unter der Sonne es abzuschlagen, und wenn man die Tasse offen stehen hinreicht, so unterlässt man nicht, aufs neue Tee einzuschenken, welchen man annehmen muss. Wem aber die Tasse nicht wieder voll geschenkt wird, dem wird auf das deutlichste zu verstehen gegeben, dass man niemals mehr einen Besuch von ihm erwarte. Die Siamesen trinken noch zwei Arten von Getränken, welche sie "Tari" und "Neri" heissen. Sie ziehen dieselbigen von zwei Arten der Bäume, die den allgemeinen Namen, die, wie der Palmbaum, grosse Blätter haben, Palmiten führen. Um sich dieses Getränk zu verschaffen, machen sie in die Rinde des Baumes einen Einschnitt, hängen eine Bouteille so fest, als es nur immer möglich ist, daran, und verkleben sie dann mit Ton, damit keine Luft hinein kann. Am folgenden Morgen ist die Bouteille voll. Und dieses Gefäss ist gewöhnlich ein hohler grosser Bambus, dessen Knoten zum Boden dient. Aber diese Getränke halten sich nicht lange; sie werden sauer, und dann bedient man sich ihrer als Essig. Der Tati kommt von einem wilden Cocosbaum, und der Neri von dem Arekabaum. Die Siamesen lieben die Früchte mehr, als sonst etwas anderes; sie essen dieselbigen den ganzen Tag, wenn sie dergleichen haben. Die Siamesen nennen die Frucht des Arekabaums "Plou". Wenn man sie mit einem Messer in vier Teile geteilt hat, so nimmt man jedesmal ein Viertel davon, und kaut es mit einem den Epheu ähnlichen Blatt, welches die Europäer "Betel", die Siamesen aber "Mak" nennen. Man rollt es zusammen, um es leichter in den Mund zu bringen, und legt zu einem jeden ein wenig rotfarbigen Muschelkalk. Deswegen tragen die Indianer beständig diese Art von Kalk in einem ganz kleinen porcellainen Büchschen bei sich, denn sie nehmen so wenig davon zu einem jeden Blatt, dass sie des Tags nicht viel brauchen, ob sie gleich unaufhörlich Areka und Betel geniessen. ... Wie aber der Arekabetel den Speichel rot färbt, so lässt er auch an den Lippen und an den Zähnen eine rötliche Farbe zurück. An den Lippen vergeht sie wieder; aber an den Zähnen verdunkelt sie sich nach und nach bis zu einer schwarzen Farbe, so dass Leute, welche reinlich an sich sein wollen, ihre Zähne gleich schwarz färben, weil sonst der Rückstand, den der Arekabetel auf den weissen Zähnen zurück lässt, durch diese widrige Farbenmischung einen unangenehmen Anblick macht, den man unter dem gemeinen Volke bemerkt.
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