Scheinehen?Der Begriff der Scheinehe ist eine Erfindung des Nationalsozialismus (Quelle: Rechtswissenschafter Jens Eisfeld). Der entsprechende § 1325a BGB wurde schon 1933 eingeführt: "Eine Ehe ist nichtig, wenn sie ausschließlich oder vorwiegend zu dem Zwecke geschlossen ist, der Frau die Führung des Familiennamens des Mannes zu ermöglichen, ohne daß die eheliche Lebensgemeinschaft begründet werden soll." "Die eheliche Lebensgemeinschaft, zu deren Begründung die Eheleute vorher nur dem jeweils anderen gegenüber verpflichtet waren, wurde durch das Ehehindernis der Namensehe zu einer staatlich kontrollierten Ehevoraussetzung", schreibt der Rechtswissenschafter. Damit wurde die Ehe entprivatisiert "Scheinehen"- Bestimmungen sind ein "Einfallstor für staatliche Ehe-Zwecke" ... Scheinehe-Verbote beinhalten immer die Gefahr einer Öffnung des Eherechts für staatliche Ehe-Zwecksetzungen. Das zeigt schon die Geschichte der Scheinehe im "Dritten Reich": Über die Einführung der Tatbestände der Namens- und der Staatsangehörigkeits-Ehe konnten die Nationalsozialisten das Eheschließungsrecht entprivatisieren und der völkischen Ehe-Ideologie dienstbar machen.... Das Eherecht verpflichtet die Ehegatten, wie ja auch in Österreich, zur ehelichen Lebensgemeinschaft. Was aber der unbestimmte Rechtsbegriff "eheliche Lebensgemeinschaft" konkret bedeutet, so ist man sich nur darüber einig, dass es den Ehegatten selbst aufgegeben ist, die ihnen gemäße Lebensform zu finden. Es kann nicht Aufgabe der Rechtswissenschaft oder Rechtsprechung sein, Kriterien für ein "richtiges" Eheleben festzulegen. Die Hauptursache für das Fehlen eines "Eheleitbildes" in Deutschland dürfte die Ideologisierung des Eherechts im "Dritten Reich" darstellen, die jede Art von Ehe-Zwecken dauerhaft diskreditiert hat. Vom Gesetzestext her gilt in Österreich noch immer § 23 des Ehegesetzes von 1938 - die Ehenichtigkeitsgründe der Namens- und Staatsangehörigkeitsehe gelten also heute in Österreich in der Form, in der sie vom nationalsozialistischen Gesetzgeber eingeführt wurden. In Deutschland hob dagegen der Alliierte Kontrollrat das Ehegesetz im Jahr 1946 auf -allerdings wurde 1998 in Deutschland wieder ein allgemeiner Eheaufhebungsgrund der Scheinehe eingeführt. Anstatt die Zahnbürsten der Einwanderer zu zählen und in ihre Betten zu schauen, anstatt Jagden auf die wenigen Illegalen zu machen, sollte der Staat die Kindergärten und Schulen aufsuchen, den Arbeits- und Wohnungsmarkt öffnen. Denn wenn es keine Verständigung, keine Bildung und keine Chancengleichheit gibt, dann wuchern eben auch die Vorurteile. Und dann treten die Populisten als Heilsbringer auf und sie werden weiter Scheinehen bekämpfen aber in Wahrheit "Mischehen" und "Überfremdung" meinen. Es ist ein übles Scheingefecht. Nein, es gibt kein Problem der "Umvolkung" oder "Überfremdung", wie es Heinz-Christian Strache uns weiszumachen versucht. Es ist vor allem ein Bildungs- und ein Sprachenproblem, das da heranwächst und die nächsten Generationen "mit Migrationshintergrund" nachhaltig benachteiligen wird. Es braucht eine vernünftige, progressive Antwort für die Einwanderer und ihre Nachkommen. Nicht die wenigen illegalen Einwanderer und ihre "Scheinehen" sind ein Problem - sondern die zunehmende Chancenlosigkeit der zweiten und dritten Einwanderergeneration Es werden Gesetze geändert, Beamte beschäftigt und vor allem jene schikaniert, die den letzten legalen Weg ins Land und vielleicht auch ihre große Liebe gefunden haben. Und dann wird auch noch so getan, als wären Ehen in Europa stets aus Liebe geschlossen worden.
Wie viele Scheinehen werden in Österreich geschlossen? Einen tatsächlichen Boom gab es hingegen bei binationalen Trauungen: Im Jahr 2005 wurde bereits jede vierte Ehe zwischen einem/r ÖsterreicherIn und einem/r Nicht-EU-BürgerIn geschlossen - im Jahr 1998 war ihr Anteil an den gesamten Trauungen noch bei 14 Prozent gelegen. Ausgangspunkt der Gesetzesänderung könnte so nicht die Zahl der tatsächlich gefassten Scheinehe-Paare gewesen sein, sondern schlicht der stete Anstieg binationaler Eheschließungen: Denn genau hier setzte der Gesetzgeber an - und führte mit 1. Jänner 2006 nicht nur Strafen für österreichische Scheinehe-PartnerInnen ein, sondern verschärfte die Bedingungen auch pauschal für alle binationalen EhepartnerInnen in spe oder jene, die es kurz zuvor geworden waren. Müssen laut Ehegesetz eigentlich EhepartnerInnen zusammenleben? Grundsätzlich sind die Ehegatten einander zu einer umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet, zu der insbesondere auch die Verpflichtung zum gemeinsamen Wohnen gehört (§ 90 ABGB). Allerdings können die Ehegatten einvernehmlich vereinbaren, getrennte Wohnung zu nehmen. Dies ist in der Praxis etwa aufgrund beruflicher Verpflichtungen oder einer Ausbildung immer wieder der Fall.
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